Kommentar für die OV-Mitgliederversammlung am 04.12.2013, als
Diskussionsvorlage von Izzeddin Musa
Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und der SPD
Kommentar für die OV-Mitgliederversammlung am 04.12.2013, als
Diskussionsvorlage von Izzeddin Musa
Vorab: Es erübrigt sich hier auf den gesamten Inhalt des
GroKo-Vertrags, der eigentlich nur eine „Absichterklärung“ genannt werden darf,
einzugehen, da dieser, in den Medien und vielen TV-Sendungen, zur Genüge
zerfleddert worden ist. Ich werde nur einige Punkte, die fast keine Beachtung
fanden, ansprechen, die für meine ablehnende Haltung den Grund liefern.
- Überschrift: Deutschlands Zukunft gestalten
Darunter kann
ich mir nichts vorstellen, außer,
allgemein daher geredetes „Wischi Waschi“, ohne Inhalt.
- Wir sind angetreten, um Schwarz-Gelb zu stürzen. Das
ist auch gelungen. Die SPD hätte auch den Kanzler stellen können. Was die
SPD allerdings daraus gemacht hat bleibt ein Geheimnis der Berliner SPD.
Sie hat eine Koalition mit den LINKEN abgelehnt, mit denen, und mit den
Grünen, sozialdemokratische Politik und Inhalte durchgesetzt werden
können.
- Die Koalitionsabsage an die LINKEN begründete
Gabriel sinngemäß wie folgt: (gerichtet an Gysi, wo beide in einer TV-Talk
Show anwesend waren): Wir machen mit euch keine Koalition, weil Ihr
praktisch zwei Parteien seid, und wegen der antisemitischen Tendenzen bei
den Linken. Was für ein Hohlgeist eines Parteivaters!?!
- Man erinnere sich an Gabriels
Besuch in Hebron und seine Israel-kritischen Bemerkungen, die er
angesichts des Schreckens, dessen er Zeuge wurde, nicht unterdrücken
konnte. Die Sache endete nach dem routinemäßigen Antisemitismusvorwurf in
einer demutsvollen Umkehr Gabriels, der in einer Rundmail bekannt gab,
dass er sich künftig stärker mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland
abstimmen würde. Für viele Beobachter hat sich Gabriel damit zum Narren
gemacht.
Das kann kein
Zeichen von Größe eines Parteivorsitzenden einer großen Volkspartei sein.
- In diesem Zusammenhang, sollte ich an dieser Stelle,
was im Koalitionsvertrag auf Seiten 171 und 172, betr. Israel, steht: „Wir bekennen uns zu der besonderen Verantwortung
Deutschlands gegenüber Israel als jüdischem und demokratischem Staat und
dessen Sicherheit."
Dass Deutschland aufgrund des Genozids eine besondere Verantwortung für die
Menschenrechte hat, ist verständlich. Aber, wie soll ein Staat gleichzeitig
jüdisch und demokratisch sein, wenn zwanzig Prozent der Bürger nicht jüdisch
sind und mehrere Millionen nicht jüdische Bewohner unter gewaltsamer Besatzung
leben? Frage: Ist das sozialdemokratisch?
- Die Gesetze in Israel gelten nicht
für alle Bürger gleich: Jeder Jude aus Brooklyn, Moskau, Kiew oder
anderswoher kann israelischer Staatsbürger werden, während etwa die
vertriebenen Palästinenser - mit Abstand die größte Flüchtlingsgruppe der
Welt - ihr unveräußerliches und verbrieftes Recht auf Rückkehr nicht
wahrnehmen dürfen. Israel bewegt sich weit außerhalb internationalem Recht
und Menschenrechten.
- Frage: Stimmt das etwa mit
sozialdemokratischen Grundwerten überein?
- Der Schlusssatz lautet:
"Unser Ziel ist eine Zweistaaten-Lösung mit einem Staat Israel in
anerkannten und dauerhaft sicheren Grenzen sowie einem unabhängigen,
demokratischen und lebensfähigen palästinensischen Staat, die Seite an
Seite in Frieden und Sicherheit leben." Auch dieser Satz ist
bedeutungslos und anachronistisch. Inzwischen ist das palästinensische
Gebiet schon so klein geworden, dass ein lebensfähiger Staat dort schon
technisch gar nicht mehr möglich ist. Das ist ein Oslo-Satz aus den
Osloer-Vereinbarungen und die sind längst von Israel für tot erklärt und
begraben worden.
- Dieser Koalitionstext zu Israel
ist keine Überraschung. Man erinnere sich an Merkels realitätsferne
Floskel vor der Knesset, dass Deutschland und Israel dieselben Werte
vertreten würden. Mit anderen Worten, mit dem Koalitionstext über Israel
zeigt die künftige Bundesregierung, dass sie den Sinn für Realitäten
hinter sich gelassen hat. Bestehendes Recht umzusetzen ist das Gebot der
Stunde, denn nur so kann ein Frieden entstehen und nur so kann Israels
Sicherheit garantiert werden. Dieser Text ist bestenfalls ein Relikt aus
früheren Jahrzehnten und ein „grünes“ Licht für das israelische Militär.
Daran konnte weder der Überfall und Massenmord in Gaza etwas ändern, der
in keinster Weise eine Verteidigungsaktion Israels war, noch die Tatsache,
dass führende israelische Geheimdienstleute inzwischen öffentlich
verkünden, dass ihre Taktiken auch Nazi-Methoden einschließen – siehe den
Film "Gatekeepers", auf Deutsch: "Töte zuerst!" von
2012.
- Der kurze Text, den man ohne
weiteres als anti-demokratisch und als anti-palästinensisch bezeichnen
kann, betrifft nicht nur Israel und Palästina, sondern auch das Verhalten
in der deutschen Gesellschaft. Gabriel, der Hebron vor Ort als
"rechtsfreier Raum für Palästinenser" bezeichnet hat und der "keinerlei
Rechtfertigung" für die israelische Politik in den, unrechtmäßig
besetzten, Gebiete gelten ließ, hat diesen Koalitionsvertrag
unterschrieben. Er hat jetzt Angst davor, Israel zu kritisieren, und
dieses Gefühl projiziert er auf sein Publikum (siehe Pkt. 3). (Merkel hat
die Unterordnung unter die USA und Israel schon lange verinnerlicht und
erkannt, wie sehr der Vasallen-Status ihre Machtposition stärkt.) Angst
ist kein guter Ratgeber und auf eine Gesellschaft wirkt sie lähmend. Viele
Personen hier zu Lande, aus Politik, Gewerkschaften, Medien, Wirtschaft
und Kirche, bilden sich ein, mit diesem Verhalten die Vergangenheitsschuld
der NZ-Zeit abarbeiten und tilgen zu können, irren sich gewaltig, denn
diese lächerliche Vorstellung kann keiner Analyse standhalten.
- Demnach kann sich irgendjemand
nicht darüber wundern, dass Politikern und Journalisten so wenig Vertrauen
entgegen gebracht wird.
Gute Frage: Wenn sie über Israel lügen und
damit fast immer durchkommen, warum
sollten sie eigentlich nicht auch anderswo ihre Lügen und Unwahrheiten unter zu
bringen versuchen und uns vorheucheln, um das Publikum hinters Licht zu führen?
- Ein Wort zum viel gelobten Mindestlohn. Er soll ja
erst im Wahljahr 2017 flächendeckend kommen. Wer dann noch daran glaubt,
dass Merkel’s CDU sich daran halten wird, den kam man als politisch naiv
bezeichnen. Damit meine Einwendungen nicht unendlich werden, weise ich nur
darauf, dass vieles in den Medien und in Talk Shows total zerfleddert
worden. Viele Ortsvereine, darunter auch 60-plus, wurden in TV-Sendungen
gezeigt und kamen zur Wort. Aus unterschiedlichen Gründen, war keiner
begeistert. Sie alle hatten etwas auszusetzen. Und selbstverständlich
wollten sie die GroKo mit nein belegen.
- Ich füge noch
hinzu, ich werde meine Zustimmung keiner Regierung geben, in der ein
Friedrich, Rahmsauer oder Sauerrahm, Dobrindt oder Pofalla vertreten sein
werden.
- Und noch ein
Letztes: Unser Land schlängelt sich wie Mäander und verliert sich in
Oberflächlichkeiten und Selbstverdummung, auf Kosten progressiver Kräfte,
die bei diesem bösen Spiel nicht mitmachen können und wollen. Diese werden
leider bewusst überhört.
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