Mythen israelischer Politik:
"Lüge statt Wahrheit"
In Anlehnung an Simcha
Flapan: "Die Geburt Israels - Mythos und Wirklichkeit.
Einleitung
Mit welcher Lügenpropaganda und
"Krieg der Worte" der Staat Israel Geschichtsfälschung betreibt, um
seine politisch-expansionistischen Ziele zu erreichen, beweisen die neuen
israelischen Historiker. Diese fordern: "Die offizielle Geschichtsschreibung
Israels muss revidiert und neu geschrieben werden."
Mit seiner Publikation 1988: "Die
Geburt Israel" nimmt Simcha Flapan *) eine Vorreiterrolle ein. Hierzu
resümiert er: "Ich habe den Versuch, die Propagandastrukturen bloßzulegen,
die sich um den israelischen Unabhängigkeitskrieg und seine Folgen ranken,
nicht nur aus Liebe zur Genauigkeit und um der Richtigstellung geschichtlicher
Tatsachen willen unternommen, sondern auch, weil die Mythen bis heute die
Situation in Israel beinflussen. ... Ihre [Arbeiterpartei und Likud-Block]
Zusammenarbeit basiert nicht etwa auf einem Konsens über die grundlegenden
Probleme, denen Israel gegenübersieht - die Zukunft der besetzten Gebiete und
die Fortführung des Friedensprozesses -, sondern auf der Streichung dieser
Probleme von der offiziellen politischen Tagesordnung.
Eben es spielt keine Rolle, wer in
Israel regiert, das Ziel bleibt eins: "Kein Frieden mit den Arabern,
bestrebt wird Expansionismus und Hegemonie".
Flapan machte eine schmerzhafte
Erkenntnis, als seine Erforschungen Chaim Weizmann, der maßgeblich am
Zustandekommen der Balfour-Deklaration beteiligt und der erste Staatspräsident
Israels war, als "Vater" des Gedankens, "den Palästinensern
dürfe kein Anspruch auf nationale Selbständigkeit zugestanden werden",
herausbrachten. Weizmann war auch nicht bereit, den Palästinensern, als
arabische Einwohner im jüdischen Staat, dieselben nationalen Rechte oder Ziele
zuzugestehen. Ein Zustand, an dem bis heute nichts geändert hat, auch wenn
Israel nach Außen Gleichberechtigung, für alle seine Bürger, propagiert.
Die Abhandlung behandelt Mythen und
Lügen israelischer Politik, mit dem Ziel, Hintergründe zu beleuchten, warum
Israel von Anfang an, einen "Frieden" mit seinen Nachbarn ablehnend
gegenüber steht. Der Beitrag widerspricht auch der These, Israels Kriegführung
sei durchgängig von der "Reinheit der Waffen" geprägt gewesen.
"Dieser Staat, Israel, wurde zum
Fixpunkt jüdischen Lebens ... und zu einem mächtigen politischen Faktor im
Nahen Osten. Die Palästinenser dagegen wurden zu einem Volk von Flüchtlingen,
ihrer Heimat und jeder realistischen Hoffnung auf nationale Selbstbestimmung
beraubt, wehrlos der Unterdrückung und Diskriminierung durch Juden ...
ausgeliefert" ... so beschreibt Flapan die Situation der Palästinenser.
Daran hat sich für die Palästinenser,
bis heute, nichts geändert. Auch nicht nach dem Oslo-Abkommen im Jahre 1993. Im
Gegenteil. Die Lage der Palästinenser hat sich zusehends verschlimmert, so das
inzwischen von einer "humanitären Katastrophe" gesprochen werden
kann.
Flapan, entlarvt und widerlegt die
Vernebelung und Lügen israelischer Politik. Man kann ihn somit getrost als
Vater der "Neuen Historiker" in Israel betrachten. Das Buch enthält
genug Zündstoff, dass das ganze Lügen-Kartenhaus israelischer Mythen und
Legenden in sich zusammenbricht.
Flapan wurde später von zahlreichen,
jüdischen "Neue Historiker" (wie Ilan Pappe, Tom Segev, Mosche
Zimmermann, und andere Intellektuelle und Publizisten wie Noam Chomsky, Israel
Shahak, Norman Finkelstein, Tanya Reinhart, u.v.a.m.) bestätigt. Einige der
neuen Historiker schränkten ein, das Buch deckt nicht genug Wahrheit auf. Ich
bin der Meinung, dass die Veröffentlichung Flapans einen großartigen Beitrag
zur Wahrheitsfindung geleistet und den Weg für den spätere Verfasser geebnet
hat.
Zum Verfasser selbst: Simcha Flapan
wurde 1911 in Polen geboren und emigrierte 1930 nach Palästina. Von 1954 bis
1981 war er Sekretär der Mapam-Partei und Leiter deren Referats für Arabische
Angelegenheiten. Er war Gründer und Chefredakteur der Monatsschrift "New
Outlook"; er hat das Jewish Arab Institute und das Israeli Peace Research
Institute gegründet; er hat am Center for International Affairs an der Harvard
University und am dortigen Center for Middle East Studies gearbeitet und war
außerordentliches Mitglied am Royal Institute for International Affairs in
London. Flapan starb 1987 in Tel Aviv.
Die deutsche Fassung seines Buches (Aus
dem Amerikanischen von Karl Heinz Siber - The birth of Israel) erschien bei
Knesebeck & Schuler, 1988, ISBN 3-926901-09-8.
Seine Publikation fußt auf
freigegebenem Material (zahlreiche Dokumente unterlegen noch der Geheimhaltung)
und behandelt die Zeitspanne zwischen 1948 und 1952. Er fasst die Lügen in
sieben Mythen:
Erster Mythos:
Das Einverständnis der zionistischen
Bewegung mit der UN-Teilungsplan vom 29. November 1947 stellte einen
entscheidenden Kompromiss dar, mit dem die palästinensischen Juden ihre
Vorstellung von einem sich über ganz Palästina erstreckenden jüdischen Staat
aufgaben und den Anspruch der Palästinenser auf einen eigenen Staat
anerkannten. Israel war zu diesem Opfer bereit, weil es die Voraussetzung dafür
war, dass die Resolution in friedlicher Zusammenarbeit mit den Palästinensern
verwirklicht werden konnte.
"Jedes Schulkind weiß, dass es in
der Geschichte so etwas wie einen endgültigen Zustand nicht gibt - nicht in
bezug auf Regierungen, nicht in bezug Grenzen und nicht in bezug auf
internationale Abkommen. In der Geschichte ist, wie in der Natur, alles
unablässig im Fluß und im Wandel begriffen".
David Ben Gurion in seinen
Kriegstagebüchern, 3. Dez. 1947.
Wie meine Nachforschungen ergeben
haben, war dies in Wirklichkeit nur ein taktisches Zugeständnis im Rahmen einer
unveränderten Gesamtstrategie. Diese Strategie zielte darauf ab, zunächst
einmal die Schaffung eines selbständigen Staates der arabischen Palästinenser
zu hintertreiben (Anm. d. Red.: Es hat sich bis heute - 2003 - nichts daran
geändert.). ... Des weiteren zielte diese Strategie auf die Ausweitung des von
der UNO für den jüdischen Staat ausgewiesenen Territoriums. Das scheinbare
"Ja" Israels zur UN-Teilungsresolution (Karte 5) blieb lange die
wirksamste Waffe der israelischen Propaganda, auch noch als man längst begonnen
hatte, gegen einen Paragraphen nach dem anderen zu verstoßen. (Anm. d. Red.:
Israel hat bisher nie eine UN-Resolution erfüllt, obwohl es durch eine solche
geschaffen wurde, gegen sie es ständig verstößt.). Noch heute, da Israel die
West Bank, den Gazastreifen, die Golanhöhen und dem Südlibanon kontrolliert,
klammern die Israelis sich an diesen in ihrem nationalen Selbstverständnis und
ihren Schulbüchern gleichermaßen fest verankerten Mythos. Dabei hatte im Lauf
der gesamten hundertjährigen Geschichte der zionistischen Bewegung und des
Jischuw (der jüdischen Gemeinschaft in Palästina) hat die grosse Mehrheit der
Zionisten immer einen homogenen jüdischen Staat im gesamten (und darüber
hinaus) oder zumindest im größeren Teil von Palästina (nur vor erst) vor Augen
gehabt.
Um die Geschichte der
Teilung Palästinas kurz zu resümieren: 1917 verkündete Großbritannien die sogenannte
"Balfour-Deklaration", die die zionistische Bewegung alsbald zu ihrer
"Magna Charta" erkor. Als die World Zionist Organisation (WZO) zwei
Jahre später der
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Karte 1 |
"Pariser Friedenskonferenz" eine Karte der geplanten
"Heimstätte" vorlegte, zeigte sich, dass deren Territorium nicht nur
ganz Palästina einschloss, sondern ein Gebiet vorsah, das sogar über das
Staatsgebiet des heutigen "Grossisrael" (Israel bis 1967 - der
eroberten Gebiete Westjordanland, Gazastreifen und die Golanhöhen) hinausging
(Karte 1).
Der Unterschied zwischen den beiden
Visionen, bestand darin, dass die arabische immerhin auf der Tatsache beruhte,
dass in dem Territorium zehn Millionen Araber lebten, die durch eine gemeinsame
Tradition, Sprache, Kultur, wirtschaftliche Beziehungen, soziale Bindungen und
eine reiche Geschichte eindrucksvoller Leistungen verbunden waren. Die
zionistische Vision hingegen beruhte auf dem "Wunsch", ein ähnliches
Faktum zu schaffen: Juden aus unterschiedlichen Ländern, mit unterschiedlichen
Sprachen, unterschiedlichem historischem, kulturellem, wirtschaftlichem und
sozialem Hintergrund lediglich auf der Grundlage einer gemeinsamen Religion,
einer gemeinsamen Erinnerung an eine zweitausend Jahre zuvor verlorengegangene
nationale Souveränität und einer gemeinsamen Erfahrung des Leidens unter
antisemitischer (Anm. d. Red.: richtiger: antijüdischer) Verfolgungen und
Diskriminierungen zu neuen Nation zusammen zu schweissen.
Der Anführer des extrem
revisionistischen Zweigs der zionistischen Bewegung, Wladimir (Zeev)
Jabotinsky, der einen jüdischen Staat zu beiden Seiten des Jordan anstrebte
(vgl. Karte 1), fügte sich dem britischen Diktat, dass Transjordanien nicht in
den Geltungsbereich der Balfour-Deklaration falle.
David Ben Gurion
erklärte auf einer Versammlung der Histadrut (Gewerkschaft): "Deshalb
haben wir in unserer Forderung nicht von einem jüdischen Staat in Palästina
gesprochen, sondern von Palästina als einem jüdischen Staat". 1937, zehn
Jahre vor der Teilung Palästinas, hat er klargestellt: "Das Ja zur Teilung
verpflichtet uns nicht zum Verzicht auf Transjordanien. Man kann von niemandem
verlangen, dass er auf seine Vision verzichtet. Wir werden einen Staat in den
heute festgelegten Grenzen akzeptieren - aber die Grenzen der zionistischen
Vision sind Sache des jüdischen Volkes, und kein äußerer Faktor wird sie
beschränken können". 1949 lieferte David Ben Gurion den Beweis dafür, dass
seine Worte nicht Schall und Rauch waren. Die Juden vergrößerten die ihnen,
durch die Teilung zugesprochenen 52% des Landes (Karte 2), auf 78% (Karte 3).
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Karte 2 |
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Karte 3 |
... Ben Gurion sah jedoch, wie wir
festgestellt haben, in der Teilung immer nur den ersten Schritt auf dem Weg zu
einem jüdischen Staat in Ganz-Palästina, einschließlich Transjordanien, der
Golanhöhen und des Südlibanon.
...
Menachem Begin, der Führer der
Untegrund-Irgun (Anm. d. Red. Er befehligte und leitete den Angriff auf Deir
Yassin, wobei 254 Frauen, darunter mehrere Schwangere, Kinder und alte Männer
massakriert wurden.) erklärte rundheraus: "Die Zweiteilung unseres
Heimatlandes ist ungesetzlich. Sie wird niemals anerkannt werden." 1982
rechtfertigte Begin den israelischen Einmarch in den Libanonmit dem Argument
von der "historischen Kontinuität" - und bezog sich dabei auf Ben
Gurion. Auch Israel Shahak **) beleuchtet diesen "Aspekt" durch eine
herrschende religiösjüdische Mythologie.
Wir machen einen Sprung in die
Gegenwart, das heißt, in die Regierungszeit Scharon's, und stellen fest, es
handelt sich hier um eine Fortsetzung. Ähnlich der kritische Kommentator von
Ha'aretz, Meron Benvenesti, wenn er den israelisch-palästinensischen Konflikt
im israelischen Diskurs als "die offen gebliebene Frage des Krieges von
1948" betrachtet *).
Sharon formulierte es im April 2001 deutlicher: "Der Unabhängigkeitskrieg
ist noch nicht zu Ende. Nein. 1948 war nur ein Kapitel. ..."
Tanya Reinhart **) schreibt hierzu: "Dass diese Parallele gezogen wird,
ist furchterregend. Im offiziellen Diskurs gilt ''Selbstverteidigung'' als das,
was beiden Hälften der Parallele gemeinsam ist. Aber die spezifische Wortwahl -
''die zweite Hälfte von 1948'' - kann wohl kaum reiner Zufall gewesen sein. Der
Schubtext dieser Formulierung besagt, dass die Lösung der Krise vielleicht auch
diesmal so ähnlich aussehen sollte wie 1948. Wie bereits erwähnt, hat die
israelische Armee 1948 Hunderttausende von Palästinenserinnen und
Palästinensern aus ihren Ortschaften vertrieben und den verbliebenen Rest in
geschlossene Sperrbezirke gesteckt, die jahrelang unter Militärverwaltung
standen. Angesichts dessen drängt sich der Schluss auf, dass die führenden
militärischen und politischen Kreise in Israel, die diese Parallele in Umlauf
gebracht haben, immer noch glauben, dass die ''zweite Hälfte'' - die
Vervollständigung der 1948 begonnenen ethnischen Säuberung - sowohl notwendig als
auch möglich ist.
*): Zitiert bei Tanya Reinhart, "Operation
Dornenfeld"; S. 87, Atlantik Verlag, 2002,
ISBN 3-9265529-37-7
Dieses Buch kann bei uns, zum Preis von
14,- Euro (Ladenpreis - Preisbindung),
inklusive Verpackung und Porto, bestellt
werden.
**): Israel Shahak: Jüdische Geschichte, Jüdische
Religion; Lühe-Verlag, 1998,
ISBN 3-926328-25-8
Siehe Buchtip in Heft Nr. 2 v. Dez. 02
Zweiter Mythos
"Die arabischen Palästinenser
lehnten eine Teilung Palästinas kategorisch ab und folgten dem Aufruf des
Muftis von Jerusalem, dem jüdischen Staat den totalen Krieg zu erklären; dies
zwang die Juden, sich auf eine militärische Lösung einzulassen".
Das war nicht die Wahrheit.
Zwei Zitate sollten diese Lüge widerlegen: Ben
Gurion: "Sie [die Araber, d. Red.] die überwältigende Mehrheit von
Ihnen, wollen nicht gegen uns kämpfen.", und Ezra Danin: "Meiner
Meinung nach akzeptiert die Mehrheit der palästinensischen Massen die Teilung
als fait accompli und glaubt nicht an die Möglichkeit, sie überwinden oder
verhindern zu können."
Der Widerstand der Einheimischen gegen das zionistische Projekt war kein
Geheimnis. [Noam Chomsky, 2002]. Die tiefe Ursache lag aber darin
begründet, - berichtete die King-Crane-Kommission 1919, entsandt von Präsident
Wilson -, dass die Zionisten praktisch die vollständige Enteignung der
gegenwärtigen nicht-jüdischen Einwohner Palästinas anstreben (Karte
1), und warnte, dass die Durchsetzung des zionistischen Programms, "eine
grobe Verletzung des Prinzips [der Selbstbestimmung] und des Völkerrechts
wäre." Diese Warnung wurde von den Großmächten, einschließlich die USA, in
den Wind geschlagen. Trotz der "tiefen Sympathie der Kommission für die
jüdische Sache" empfahl sie die Begrenzung der jüdischen Einwanderung und
riet, vom Ziel der Errichtung eines jüdischen Staates Abstand zu nehmen. Die
Empfehlungen blieben ohne Einfluß auf die offizielle Politik und werden in den
meisten geschichtlichen Darstellungen nicht einmal erwähnt.
Auch Nahum Goldmann mahnte, vor allem in seinen letzten Lebensjahren, zu
einem gemäßigten Umgang mit den Arabern [auch mit den Deutschen]. Er sprach
sich ebenso gegen eine Staatsgründung Israels aus, da er eine friedliche
diplomatische Lösung für möglich hielte. Als er Präsident der Jüdischen
Weltorganisation (1956-68) ging er zur israelischen Politik auf Distanz und
kritisierte nicht nur das im kalten Krieg entstandene Bündnis mit den USA sowie
die Verweigerungshaltung gegenüber den Palästinensern nach 1967, sondern auch
die Instrumentalisierung der Shoah (Holocaust) zur Rechtfertigung von
Greueltaten und Morden.
Ben Gurion sagte in interner Diskussion, zum Widerstand der Palästinenser
gegen das zionistische Projekt, dass "wir bei unserer politischen
Argumentation im Ausland den arabischen Widerstand kleinreden", doch
müssen "wir unter uns die Wahrheit ins Auge blicken": Politisch
nämlich "sind wir die Aggressoren, während sie sich selbst verteidigen
... Das Land gehört ihnen, weil sie es bewohnen, während wir ankommen und uns
hier niederlassen, und aus ihrer Perspektive wollen wir ihnen ihr Land
wegnehmen, noch bevor wir hier richtig angekommen sind."[Der Aufstand
wurde 1938 von den Briten mit beträchtlicher Brutalität niedergeschlagen.]
Flapan stellt in seinem Buch fest: "Fast alle Arabien-Experten der
Jewish Agency, gleich wo sie politisch standen, stimmten darin überein, dass
die meisten Palästinenser, ..., an einem Krieg gegen die Juden nicht
interessiert waren."
Diese Aussagen stehen einem, von den Zionisten propagierten, Kriegswillen
der Palästinenser entgegen. Das Gegenteil ist eher richtig.
Die Rolle der Mufti von Jerusalem kann man wie folgt ausdrücken, dass er
den Teilungsplan bekämpfte; die Mehrheit der Palästinenser jedoch seinem Aufruf
zu einem Krieg gegen Israel nicht folgte, auch wenn sie gegen die Teilung war. Richtig
ist, dass vor der Unabhängigkeitserklärung Israels am 14. Mai 1948 viele
palästinensische Führer und Gruppen sich bemühten, einen Modus vivendi zu
finden. Erst der entschiedene Widerstand Ben Gurions gegen die Schaffung eines
palästinensischen Staates machte die Opposition gegen die Politik des Muftis
und trieb die Palästinenser auf seine Seite.
Erkennbar wird, dass es sich bei diesem Mythos um reine Vernebelungstaktik
zionistischer Lügenpropaganda handelte, die von Anfang an darauf zielte, einen
möglichen Frieden mit den Palästinensern zu verhindern. Israel hat alles dafür
eingespannt, das Bild der Araber als die "Bösen" darzustellen. Flapan
beschreibt diese Legende, wie Israel sie nach Außen lügnerisch-theatralisch
propagiert: "Die Mächte der Finsternis und des Bösen [gemeint die
Araber, d. Red.] stürzen sich auf (zahlenmäßig natürlich unterlegenen) Kräfte
des Lichts und des Guten." Dieses Bild erwies sich in der Tat
geeignet, den Israelis ein hohes Maß an internationaler Unterstützung und
Sympathie zuzuführen, und die Einstellung mehrerer israelischer Generationen
geprägt.
Was sich nach der UN-Resolution 181 vom 29. November 1947 vollzog, wurde
rückblickend zur Legende vom "Generalangriff der einheimischen
Araber" stilisiert.
Die Resolution wurde von der zionistischen Bewegung (vorläufig)
mehrheitlich akzeptiert -allerdings nicht von Menachem Begins Terroristenbande
"Irgun Tsvai Leumi", und nicht von der LEHI (Stern-Gruppe), befehligt
von Jitzhak Shamir. Die Palästinenser empfanden den UN-Teilungsplan als
"einseitige und unerträgliche Zumutung", dass den Juden, die 33
Prozent der Bevölkerung Palästinas stellten, 55 Prozent des Territoriums
zugesprochen worden waren, das, 1948-49 durch Arrondierungen, auf 78 Prozent
erhöhte. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass Israel und Jordanien
1947/48 ein Geheimabkommen zur Teilung Palästinas geschlossen hatten. Joram
Beri bemerkt, dass Ben Gurions "stillschweigendes Einverständnis mit König
Abdallah von Transjordanien, das diesem die Besetzung der Gebiete westlich des
Jordan ermöglichte ... weder mit dem Kabinett noch mit dem Militärkommando
abgesprochen war". ... Es wurde auch behauptet, dass der Eintritt der
arabischen Staaten in den Krieg sich gegen die Bestrebungen von König Abdallah
richtete. Hierzu bemerkt Simcha Flapan: "Auch er [Abdallah] träumte von
einem von den Haschemiten regierten Vereinigten Arabischen Königreich und war
somit in den Augen der Zionisten derjenige arabische Führer, der mit ihnen das
größte gemeinsame Interesse daran hatte, das Entstehen eines selbständigen
arabischen Staates auf dem Boden Palästinas zu verhindern. Kontakte zwischen
der zionistischen Führung und Abdallah bestanden sowohl vor als auch nach der
Vorlage der UNSCOP-Empfehlungen, doch wurden vorweislich geheimgehalten. ... Am
17. November kam es an der nördlichen Grenze zu einem Treffen zwischen Abdallah
und Golda Meir, Ezra Danin und Elijahu Sasson, alle von der Jewish Agency. ... Wie
der König Golda Meir versicherte, würde er "den abgeteilten jüdischen
Staat nicht angreifen, sehr wohl aber das arabische Palästina
annektieren". ... Im April 1948 (kurz vor der Proklamation des Staates
Israel) kam es noch einmal zu einer Begegnung zwischen Abdallah und einem
Vertreter Israels, und auch dieses mal kam man überein, "dass Abdallah die
Kontrolle über das arabische Palästina zufallen würde, falls er die Bemühungen,
einen jüdischen Staat aufzubauen, nicht behinderte".
Walid Khalidi meinte zum Teilungplan: "Die Palästinenser sahen
nicht ein, weshalb sie für den Holocaust bezahlen sollten. (...) Sie sahen
nicht ein, weshalb es für die Juden nicht zumutbar sein sollte, als Minderheit
in einem geeig-neten Palästinenserstaat zu leben, während es für knapp die
Hälfte des palästinensischen Volkes - der eingeborenen Mehrheit auf dem Boden
ihres Vaterlandes - zumutbar sein sollte , über Nacht zu einer
fremdbeherrschten Minderheit zu werden, wie der Teilungsplan es für den neuen
jüdischen Staat vorsah".
Um das zionistische Projekt, "Großisrael", schneller
verwirklichen zu können, setzten die Zionisten früh, vor der Proklamation des
Staates Israel im Mai 1948, brutale Gewalt gegen zivile Menschen ein. Zum
Beispiel befehligte der Oberterrorist Menachim Begin (Irgun und LEHI) am 9.-10.
April 1948 ein schreckliches Massaker in Deir Yassin, bei dem 254 wehrlose
Menschen, darunter über 100 Frauen und Kinder, abgeschlachtet wurden (s. unter:
"Wir erinnern"). Mosche Dayan befehligte am 18. Dezember 1948 ein
Massaker an zivile Personen in der Ortschaft Khissas, bei dem zehn Araber,
darunter eine Frau und vier Kinder getötet wurden. Die Liste der Massaker gegen
wehrlose Menschen läßt sich beliebig, bis in die Gegenwart, weiter fortführen.
Schon in den Jahren des Ersten Weltkriegs erkannten die Palästinenser
jedoch, dass sie mit einem besonderen Problem zu tun hatten: einer
unvermeidlichen Konfrontation mit der zionistischen Bewegung, die in Palästina
Grund und Boden erwarb und jüdische Siedlungen (z.B. Tel Aviv 1909 nördlich von
Jaffa) errichtete. Chaim Weizmann bereiste 1918 Palästina und verbreitete, die
"Juden wollen zurück". Weizmann hat aber nicht erwähnt, dass die
Größtzahl der Weltjuden Osteuropäischer Abstammung seien, die Anfang des 8. Jahrhunderts
zum Judentum konvertierten (In diesem Heft - Abhandlung: "Auf die Spuren
von Gog und Magog".). Mit der Besetzung Palästinas durch die Briten
endeten vier Jahrhunderte osmanischtürkischer Herr-schaft, und wenig später
legitimierten die Briten mit der Balfour-Deklaration (2. November 1917) die
Ziele der zionistischen Siedlungspolitik in Palästina. Die Palästinenser
durchschauten das Spiel der Briten und der Zionisten, wogegen sie protestierten
und sich beim britischen Hochkommissar beschwerten. (...)
Gegen die britische Palästina-Politik antworteten die Palästinenser mit
einem sechsmonatigen Generalstreik, während dessen die britische Regierung die
Peel-Kommission ernannte, die die Aufteilung des Landes in einem jüdischen und
einem arabischen Staat vorschlug (Karte 2).
(...) Die neuen sozialen Bewegungen in Palästina sahen sich allerdings mit
komplizierten Problemen konfrontiert. Kämpften sie Innern gegen die starre
Ordnung der traditionsbehafteten arabischen Gesellschaft an, so mussten sie
sich nach Außen sowohl mit der britischen Mandatsherren als auch mit einer auf
unbeschränkte Einwanderung, Besiedlung und Staatsgründung eingeschworenen
jüdischen Gemeinschaft auseinandersetzen.
Schon 1943 bildete sich unter den Palästinensern eine oppositionelle
politische Kraft - Liga für Nationale Befreiung - als Alternative zum Mufti, um
Krieg und Blutvergießen zu verhüten und den Weg zu einer friedlichen
Verwirklichung der UN-Teilungsresolution zu ebnen. Unter ihrer breiten
Anhängerschaft waren untere Schichten wie Intellektuelle und umfasste einen
Querschnitt durch Sippen, Dynastien und Generationen sowie sämtliche Religionen
der arabischen Welt. Sie forderte, neben anderem, Rede-, Presse-,
Versammlungs-, und Koalitionsfreiheit; einen höheren Lebensstandard für die
Bauern und die städtische Unterschicht, Reformen in Arbeitsrecht, im Schul- und
Gesundheitswesen sowie mehr rechte für Frauen. Das Aktionsprogramm präsentierte
die Liga am 9. September 1947 in einer der Vereinten Nationen unterbreiteten
Sonderveröffentlichung. In der programmatischen Aussage der Liga hieß es noch
weiter, dass "in einem freien arabischen Vaterland alle Minderheiten
friedlich zusammenleben könnten". Ferner lehnte sie antijüdische Boykottaktionen
und den Einsatz terroristischer Mittel ab und war die einzige politische Kraft
im arabischen Lager, die sich gegen jede Einmischung anderer arabischer Staaten
in die Angelegenheiten Palästinas wandte.
Dieses Programm hätte eine gute Basis für eine friedliche Koexistenz sein
können, wenn es die Ziele Ben Gurions und Jabotinskys, die ganz Palästina als
jüdischen Staat haben wollten, nicht durchquerte. Im Gegenteil, es wurde
israelischerseits stets versucht, durch die Verbreitung von Mythen, jeden
Versuch, zu einer friedlichen Koexistenz, zu untergraben. Und die zionistische
Führung weigerte sich beharrlich, die Liga als Keimzelle einer neuen,
alternativen politischen Führung für das palästinensische Volk anzuerkennen.
Um diese Ziele zu erreichen, müßten die Briten, die ein Hindernis stellten,
Palästina verlassen, und somit verstärkte sich der jüdische Terror gegen sie,
bis sie tatsächlich 1947, zermürbt durch den zionistischen Terror, das
Palästina-Problem an die Vereinten Nationen vorzeitig abtraten. ... Hinter dem
jüdischen Terrorismus stand auch ein ideologisches Credo und eine politische
Strategie. Irgun und LEHI [jüdische Untergrund-Terrororganisationen] waren die
militärischen Seitenäste von Jabotinskys Revisionistischer Partei, die das Ziel
verfolgte, ganz Palästina (und darüber hinaus, Karte 1) für die Juden zu
erobern. Die Vergiftung des arabisch-jüdischen Verhältnisses war ein integraler
Bestandteil ihrer Politik, und es gelang ihnen in den zwanziger und dreißiger
Jahren mit ihren geplanten Provokationen, verdeckten Aktionen und ihren
willkürlichen Bombenattentaten tatsächlich, Haß und Spannungen zwischen den
beiden Parteien zu schüren.
Kein Zweifel, die Mehrheit des palästinensischen Volkes war gegen die
Teilung ihres Heimatlands und bereit, für die Errichtung eines unabhängigen
palästinensisch-arabischen Staates zu kämpfen. Es ist jedoch gleichermaßen
klar, dass sie von einem Krieg gegen die Juden nichts wissen wollten und dass
sie allmählich einsehen lernten, dass die Teilung unvermeidlich war. Die
Beweise hierfür sind so überwältigend, dass sich die Frage stellt, wie der
Mythos von einem "Heiligen Krieg" der Palästinenser gegen die Juden
überhaupt entstehen und sich so lange halten konnte! Dennoch kann man bis
heute, im Jahre 2003, feststellen, dass diese Legende von den arabischen
"Mächten der Finsternis und des Bösen ..." immer noch existent ist (
z.B. bei vielen Medien und sog. Institute für strategische Analysen,
Regierungs- und Volksvertretern u.v.a.m.). Wie auch immer, man braucht, um
diesen Mythos zu zerstören, nur auf die Äußerungen zionistischer Führer aus
jener Zeit zurückzugreifen (siehe oben). Die eindeutigste Aussage Ben Gurions
findet sich in einer Mitteilung an Sharett vom 14. März 1948: "Es steht
jetzt ohne den geringsten Zweifel fest, dass, wenn wir es einzig und allein mit
den Palästinensern zu tun hätten, alles in Ordnung wäre. Sie, die
überwältigende Mehrheit von ihnen wollen nicht gegen uns kämpfen, und in ihrer
Gesamtheit sind sie auch nicht in der Lage, es mit uns aufzunehmen, selbst bei
jetzigem Stand unserer Organisation und Ausrüstung."
Die Palästinenser wollten demnach den Krieg nicht, und versuchten den
Gefahren des Krieges durch Vereinbarungen am Ort mit ihren jüdischen
Siedlungsnachbarn, vorzubeugen. Hunderte solcher "Nichtangriffspakte"
wurden geschlossen. Die Vertragspartner arabische Dörfer oder Städte mit
Kibbuzim, oder auch Belegschaften an gemeinsamen Arbeitsstätten usw. Auch das
arabische Dorf Deir Yassin (s. oben) hat einen "Nichtangriffspakt"
geschlossen.
Nach diesen Ausführungen und dokumentarischen Zeugnissen ist festzuhalten,
dass von Anfang an eine alternative Politik gegenüber den arabischen
Palästinensern gegeben waren. Die Chance wurde jedoch von den jüdischen
Führern, Zivilisten wie Militärs, bewusst nicht wahrgenommen.
Das Versäumnis, sich nicht um eine friedliche Verwirklichung des
UN-Teilungsplans bemüht zu haben, forderte einen hohen Preis. Zwar wurde der
israelische Staat schließlich geboren, aber er war das Kind eines kostspieligen
und grausamen Krieges. Die Palästinenser wurden, anstatt ihre nationale
Unabhängigkeit zu erringen, zu einem Volk von Flüchtlingen, ihrer Heimat und
jeder realistischen Hoffnung auf nationale Selbstbestimmung beraubt, wehrlos
der Unterdrückung und Diskriminierung durch Juden ausgeliefert. Folglich
verschärfte sich der Konflikt und verwandelte schliesslich den ganzen Nahen
Osten in ein Gebiet der Instabilität, der Gewalt und des Krieges. Beide Völker
zahlen bis heute, jedes auf seine eigene Weise, den Preis für dieses
Versäumnis. Den Kurs der Expansionspolitik setzt Israel bis heute fort. Der
Dauerkonflikt im Nahen Osten hält an, und es gibt gegenwärtig keine Anzeichen
dafür, dass er friedlich beendet werden wird. Der israelische Professor Martin
van Creveld, nachdem er seine Drohungen mit atomaren Waffen - die jede
europäische Hauptstadt erreichen können - an die Europäer, insbesondere an die
Deutschen richtet: "Israel könnte, für den Holocaust, an Millionen von
Deutschen und anderen Europäern Rache nehmen", und an die Palästinenser
gewandt: "Alle Palästinenser müssen deportiert werden.", kann
jede Friedensinitiative im Keime ersticken. Eine erschreckende Zahl von 44
Prozent der Israelis befürwortet ein solches Horror-Szenario.
(Lesen Sie mehr von van Crefeld in diesem Heft unter: "Drohung ... Erpressung ...")
Quellennachweis:
1. Flapan, Simcha: "Die Geburt Israels - Mythos
und Wirklichkeit"; München, 1988
2. Chomsky, Noan: "Offene Wunde Nahost, Hamburg,
2002
3. Finkelstein, Norman G.: "Die Holocaust-Industrie";
engl. Ausgabe London, 20000
4. Finkelstein, G.Norman: "Der Konflikt zwischen
Israelis und Palästinensern"; Hamburg, 2002
5. Reinhart, Tanya: "Operation Dornenfeld", Bremen,
2002, und diverse Zeitungsartikel und Interviews in Ha'aretz
6. Shahak, Israel: "Jüdische Geschichte, Jüdische
Religion"; Süderbraup, 1998, und andere zahlreiche Veröffentlichungen
und Beiträge.
Dritter
Mythos:
"Die Flucht der Palästinenser aus dem Land, sowohl vor als auch nach
der israelischen Staatsgründung, setzte ein als Reaktion auf einen Aufruf der
arabischen Führung, das Land vorübergehend zu verlassen, um dann mit den
siegreichen arabischen Armeen zurückzukehren. Sie traten die Flucht an trotz
der Bemühungen der jüdischen Führung, sie zum Bleiben zu veranlassen".
Wahr ist,
dass die politischen und militärischen Führer Israels auf diese Flucht hin
arbeiteten, da ihrer Überzeugung nach die zionistische Besiedlung und die
israelische Staatswerdung den "Transfer", das heißt: die
"Vertreibung" der arabischen Palästinenser in arabische Nachbarländer
erforderlich machten.
Die Aussagen, auch früherer zionistischer Führer, bestätigen dieses Vorhaben. Israel
Zangwill forderte, "die Einheimischen zu verjagen". Sein politischer
Schlachtruf: "Ein Land ohne Volk, für ein Volk ohne Land" beweist die
Aggressivität, mit der die Zionisten ihre Ziele verfolgten. Dass Palästina
menschenleer war, das kann doch kein Mensch behaupten.
Zitat aus dem Diensttagebuch Jitzhak Rabins [zittiert bei David Shipler, New
York Times, 22. Okt. 1979]: "Yigael Allon fragte Ben Gurion, was mit der
Zivilbevölkerung geschehen solle. Ben Gurion [alias David Grün, geb. 1886 in
Plonsk, damals Russisch-Polen] machte eine Handbewegung, die man nur als
"Fortjagen" deuten konnte. (...) Die Bewohner von Lydd gingen nicht
freiwillig. Es gab keinen anderen Weg, als Gewalt und Warnschüsse (Anm. d.
Red.: auch Massaker und Terror) einzusetzen, um die Bewohner dazu zu bringen,
dass sie die etwa 25 Kilometer bis zu der Stelle marschierten, wo sie auf die
Arabische Legion trafen".
Der erzwungene Exodus der Palästinenser setzte am 29. November 1947, dem Tag
der UN-Teilungsresolution 181, ein und hielte, forciert durch Terror, Gewalt
und Massaker der Zionisten, der einen vorläufigen Höhepunkt erreichte, als
israelische Terrororganisationen das Dorf Deir Yassin am 9. April 1948
überfielen, und dabei 254 Frauen, darunter zahlreiche Schwangere, Kinder und
Greise regelrecht schlachteten, auch nach der Unterzeichnung der
Waffenstillstandsvereinbarungen im Sommer 1949, weiter an. Zirka eine Million
arabische Palästinenser wurden vertrieben auch aus Gebieten, die nicht für den
jüdischen Staat vorgesehen waren.
Mitte der Achtziger Jahre freigegebene Dokumente werfen ein neues Licht auf die
Thematik. Demzufolge beruht die Massenvertreibung auf einen gezielten Plan in
den Köpfen der Zionisten.
Die Landfläche von 5,8 Prozent in 1947 in jüdischer Hand wuchs, durch den
UN-Teilungsplan (181, 29. November 1947) fast auf ein Zehnfaches (56 Prozent),
und im Sommer 1949, durch Eroberungen und Einverleibung, auf 78 Prozent. Diese
Territorien wurden de facto in Israel eingegliedert. Während und nach
Vertreibung der Palästinenser unternahmen die Juden alles Erdenkliche - von der
Einebnung ganzer Dörfer (ca. 430, s. Walid Khalidi: "All That Remains -
The Palestinian Villages Occupied und Depopulated by Israel in 1948", 1997)
bis zum Erlaß einschlägiger Gesetze -, um ihnen eine Rückkehr unmöglich zu
machen. Chaim Weizman sprach sicherlich vielen aus dem Herzen, als er die
"Vertreibung", um den jüdischen Charakter des neuen Staates nicht in
Frage zu stellen, als eine "wundersame Vereinfachung des Problems"
bezeichnete. Wie kurzsichtig diese Einschätzung war, hat die Geschichte längst
bewiesen. Durch den Exodus der Palästinenser wurde der Konflikt noch schlimmer
und komplizierter. Die Vertreibung kann als ein der Haupthindernisse, bei der
"Suche nach einer Friedenslösung", betrachtet werden. Und solange
wird es in der Region keine Ruhe herrschen, solange die Palästinenser ihre
legitimen Rechte nicht erlangt haben.
Die zionistische Version - die sich in allen offiziellen zionistischen
Geschichtswerken und Propagandaschriften sowie in sämtlichen
Selbstdarstellungen des Staates Israel findet -, derzufolge die Israelis den
Massenexodus nicht zu verantworten, sondern im Gegenteil alles in ihrer Macht
Stehende unternommen hatten, um ihm Einhalt zu gebieten, erwies sich als eine
glatte Propaganda-Lüge.
Michael Bar Zohar, der Biograph von Ben Gurion, schreibt dazu: "Die
Aufrufe an die Araber, zu bleiben, Goldas [Golda Meir: 2. Ministerpräsident
Israels nach Ben Gurion; d. Red.] Mission und andere, ähnliche Gesten
entsprangen politischen Erwägungen, waren jedoch nicht Ausdruck seiner [Ben
Gurions] wahren Überzeugung. In internen Diskussionen, in Weisungen an seine
Leute ließ der 'alte Mann' keine Zweifel an seiner Auffassung: Je weniger
Araber im Staatsgebiet zurückblieben, desto besser."
Die Behauptung, der Exodus sei auf "Befehl von oben" geschehen, also
von der arabischen Führung gesteuert worden, erwies sich, obwohl ihre
Unglaubwürdigkeit auf der Hand lag, viele Jahre lang als propagandistisch
wirksam. Der Westen wollte diese Unterstellung, die sowohl der militärischen
Logistik als auch der menschlichen Logik Hohn sprach, einfach glauben.
In Tausenden von Dokumenten, die das Zionistische Zentral- und das Israelische
Staatsarchiv in jüngster Zeit [Mitte der 80er Jahre; d. Red.]veröffentlicht
haben, findet sich ebensowenig ein Beleg für die Richtigkeit der israelischen
Behauptungen wie in den Kriegsbüchern Ben Gurions. Freigegebene Dokumente
beweisen, daß die "Befehl-von-oben"-Theorie eine glatte Lüge
zionistischer Führer ist, und zeugen im Gegenteil von erheblichen Anstrengungen
des AHC [Arab Higher Committee - Höherer Arabsicher Vollzugrat]und der
arabischen Staaten, die Fluchtbewegung einzudämmen. Alle Beschwörungen der
Staaten der Arabischen Liga an die Palästinenser zu bleiben schlugen fehl. Die
arabischen Regierungen beschlossen sogar, nur flüchtende Frauen und Kindern die
Einreise zu erlauben. Das AHC wandte sich jedoch entschieden gegen die Ausreise
von Palästinensern und verweigerte sogar die Ausstellung von Visa an Frauen und
Kinder [siehe auch Khalidi: "Why the Palaetinians leave?", London,
Arab Information Centre, Paper No. 3].
Um ihre Behauptung - die arabischen Führer selbst hätten die Massenflucht
aufgerufen - zu stützen, verwiesen die israelischen und zionistischen
Propagandisten beständig auf angebliche Verlautbarungen des AHC, in denen es
etwa hieß: "In sehr kurzer Zeit werden die Armeen unserer arabischen
Bruderländer Palästina vom Land, vom Meer und aus der Luft angreifen und
überrennen und die Rechnung mit Juden begleichen." [Aaron Cohen:
"Israel und die arabische Welt", Tel Aviv 1964]. In der Praxis
bewirkten diese AHC-Verlautbarungen das Gegenteil dessen, was sie bezweckten:
Sie schürten die Panik und die Bereitschaft zur Flucht. Als der Exodus von
April 1948 [siehe oben: Massaker von Deir Yassin u.a.] an exorbitante Ausmaße
annahm, appellierten einige arabische Führer an die Palästinenser, ihre
Heimstätten nicht zu verlassen. Auch das AHC hatte schon früher, im März und
April, in Rundfunksendungen aus Damaskus die bevölkerung aufgefordert, an Ort
und Stelle zu bleiben.
Weshalb hatten diese Beschwörungen so wenig Wirkung? Um so
wirkungsvoller waren dafür die Unterdrückungs- und Abschreckungsmassnahmen der
Zionisten, die von wirtschaftlicher und psychologischer Kriegführung - durch
Massaker und infolgedessen Panik - bis zur systematischen Vertreibung der
arabischen Bevölkerung durch reguläre Truppen reichten.
Es hieß, bzw. wurde behauptet, dass die ganze zionistische Bewegung, von
links bis rechts außen, hatte stets betont, die Juden, die als nationale und
religiöse Minderheit in fremden Ländern stets unter Verfolgung und
Diskriminierung zu leiden hatten, werden in ihrem eigenen Staat ein Vorbild für
den fairen Umgang mit Minderheiten sein. Dieser Propagandamythos, ja Lüge, kann
so nicht stimmen, da die Juden in Palästina waren doch selbst eine Minderheit.
Die Täuschung nimmt Fortgang, wenn behauptet wird, dass die zionistische
Bewegung sich, nach ihrem eigenen Bekunden immer in der vordersten Front des
Kampfes für die Rechte nationaler Minderheiten, sah. Der Austritt vieler
namhafter Persönlichkeiten, - zum Beispiel: Martin Buber, Alfred Einstein,
Moshe Menuhin, Nahum Goldmann, Yesheyaho Leibowitz u.v.a.m. - die zu den ersten
Zionisten gehörten, nachdem sie das wahre Gesicht und die wahre Ideologie des
Zionismus entdeckten, ist ein weiterer Beweis für die verbreitete Lüge der
zionistischen Idee. In diesem Raster paßt auch die Erklärung Weizmanns:
"Die Juden werden sich nicht an den Rechten und am Territorium der Araber
vergreifen.", die im Gewirr zionistischer Propagandalügen einzureihen
gilt.
Die Absicht der Zionisten zielte von Beginn an auf die Vertreibung der
einheimischen Bevölkerung, da sie nicht vor hatten, das Land mit ihnen zu
teilen.
Als die forcierte Massenflucht eingesetzt hatte, leisteten die jüdischen Führer
ihr Vorschub. Scharret verkündete beispielsweise, Israel werde eine Rückkehr
der Palästinenser nicht zulassen.
Wie die jetzt zugänglichen Dokumente [Ben Gurions Kriegstagebücher] beweisen,
wurde die Flucht weit mehr als nur "gefördert". Am 16. Juni 1948
erklärte Ben Gurion vor der provisorischen Regierung Israels: "Drei Dinge
sind bis jetzt geschehen: a) die Invasion der regulären Armeen der arabischen
Staaten; b) unsere Fähigkeit, diese regulären Armeen abzuwehren; und c) die
Flucht der Araber. Nichts davon hat mich überrascht."
Auch früher, schon 1937, hat der erste Ministerpräsident Israels kein Hehl aus
seiner Überzeugung gemacht: "Das Land ist in unseren Augen nicht das Land
seiner jetzigen Bewohner. ... Wenn man sagt, dass 'Eretz Israel' das Land
zweier Nationen sei, so verfälscht man die zionistische Wahrheit doppelt. ... Palästina
muss und soll nicht die Fragen beider Völker lösen, sondern nur die Frage eines
Volkes, des jüdische Volkes in der Welt." Eine Aussage die an Deutlichkeit
kaum zu überbieten ist.
Der Überzeugung von Ben Gurion, einen jüdisch-homogenen Staat Israel, und
geographisch so groß wie nur möglich, zu schaffen, machten sich alle seiner
engsten Mitarbeiter und Berater, eben die Führungsmannschaft aus Militär und
Politik, zu eigen. Bei der Verfolgung dieses Ziels, schon vor der Ausrufung des
Staates Israels, läßt sich eine große Bilanz an Massaker, nackter Gewalt und Terror,
gegen die palästinensische Bevölkerung, aufzeichnen.
Die Bilanz dieser Politik wird aus den Schätzungen des IDF-Nachrichtendienstes
deutlich: Am 1. Juni 1948 waren etwa 700 000 sowohl aus jüdischen als auch von
Juden eroberten arabischen Landesteilen geflohen.
Nebst dem proklamierten Dogma Ben Gurions, der Gründer Israels, die Führung
eines wirtschaftlichen (implizit die Infrastruktur), militärischen und
psychologischen Krieges gegen die Araber, äußerte er: "Wenn wir in den
Kampf gehen, [...] müssen stark und grausam sein und dürfen uns durch nichts
aufhalten lassen." Die Zerschlagung der Lebensgrundlage der
palästinensischen Bevölkerung, sollte das Ziel sein, das erreicht werden
sollte. Diesen gnadenlosen Krieg hat von seiner Grausamkeit und Härte nichts
eingebüßt, eher bestätigt und von seinen Nachfolgern, insbesondere von Ariel
Sharon, ohne Beispiel weit übertroffen.
Das Sterben der arabischen Städte in Palästina war ein fait accompli. Die
Rechnung Ben Gurions ging auf, wie er selbst erklärte: "Das strategische
Ziel [der IDF] war die Zerstörung der städtischen Gemeinden, die die
organisiertesten und politisch bewusstesten Teile des palästinensischen Volkes
waren. ... Diese Taktik führte zum Zusammenbruch und zur Kapitulation von
Haifa, Jaffa, Tiberias, Safad, Akka, ... und Beer Sheva. Von Transportmitteln,
Lebensmitteln und Rohstoffen abgeschnitten, gerieten die städtischen Gemeinden
in einen Prozess des Zerfalls, des Chaos und Hungers und sahen sich zum
Aufgeben gezwungen."
Plan "D" der Hagana vom März 1948 beinhaltet Aktivitäten gegen
feindliche Siedlungen, ... diese umfassten die Zerstörung ganzer Dörfer, die
Bekämpfung und Vernichtung der Feinde und die Vertreibung aus dem Staatsgebiet.
Auch andere Aspekte wurden in den Plan "D", wie psychologischer
Kriegführung u.ä., nicht ausgelassen.
Wie grausam und brutal die Zionisten den Krieg gegen die palästinensische
Bevölkerung geführt haben, wird am Beispiel des Massakers von Deir Yassin
deutlich. Obwohl dieses Dorf bereits 1942 mit den jüdischen Nachbarn einen
Nichtangriffspakt geschlossen hatte, überfielen jüdische Irgun- und
LEHI-Terrorkämpfer das Dorf am 09. April 1948 und richteten dort ein kaltblütig
und vorsätzlich geplantes Blutbad an, um eine Massenvertreibung auszulösen. Dokumente
des Roten Kreuzes und des britischen Geheimdienstes belegen, dass in Deir
Yassin Männer, Frauen und Kinder an die Wand gestellt und erschossen wurden. Schwangeren
Frauen wurde der Bauch aufgeschlitzt. Bei diesem Gemetzel wurden 52 Säuglinge
geschlachtet und geköpft. Noch wimmernde Menschen wurden anschließend in den
Dorfbrunnen geschmissen und hinter ihnen Handgranaten. Nach vollbrachtem Werk
haben die Mörder das Dorf geplündert, bevor sie das Weite suchten. Menachem
Begin, Chef der Terrororganisation "Irgun" und späterer
Ministerpräsident Israels (1977-1983), befehligte die Mordoperation. Er
rechtfertigte die grausame Untat später: "Ohne Deir Yassin, wäre kein
Israel". Das Dorf "Deir Yassin" - auch andere - gehört damit zu
den zweifellos schrecklichsten Ortsnamen der Weltgeschichte.
In der Tat löste diese Brutalität des Überfalls auf Deir Yassin Panik aus, und
führte zur Massenflucht der palästinensischen Bevölkerung aus vielen anderen
Orten.
Wie der Historiker der Hagana, Aryeh Jitzhaki, Jahre später schrieb, sei das
Unternehmen von Deir Yassin nach dem selben Schema von Dutzenden von Angriffen
ausgeführt worden, die die Haganah und Palmach damals unternommen hatten, wobei
Häuser voller alter Leute, Frauen und Kinder in die Luft gejagt worden seien. (Weniger
bekannt als Deir Yassin, aber keinesfalls weniger brutal war das Massaker, das
ehemalige LEHI-Mitglieder am 29. Oktober 1948 in Duweima bei Hebron
anrichteten, bei dem über 100 Menschen zum Opfer fielen). Viele andere
Gäueltaten, in Haifa, in Jaffa, in Akka, u.v.a.m., wurden nach dem gleichen
Schemata verübt. Einige Beispiele: Am 4. Januar 1948 verübte die Irgun mit
Hilfe einer Autobombe einen Sprengstoffanschlag auf das Verwaltungsgebäude von
Jaffa; 26 arabische Zivilisten fanden dabei den Tod. Drei Tage später starben
bei der Explosion einer Irgun-Bombe am Jaffa-Tor in Jerusalem 25 Arabische
Zivilisten.
Die militärischen und strategischen Vorteile der Politik der verbrannten Erde
lagen auf der Hand, dass selbst liberale und sozialistische Befehlshaber und
ihre Truppen bereit waren, jegliche Skrupel über Bord zu werfen.
Die Selbstgerechtigkeit, mit der die Juden sich über allgemein gültige
ethnische Normen hinwegsetzen, erhielt dadurch noch weiteren Auftrieb, dass sie
die Wut und Rachesucht, die sie gegen die Nazis empfanden, auf die Araber
projizierten. Gefördert wurde dieser Übertragungsmechnismus durch eine
Propaganda-Lüge, die die Araber als Anhänger Hitlers hinstellte. Diese
Vorstellung steigerte sich, von Tag zu Tag erhielt sie immer mehr Auftrieb und
wird fortwährend an den Arabern ausgelassen, bis zum heutigen Tag.
In allen Gebieten, die von der UNO für den arabischen Staat bestimmt waren,
aber im Verlauf der Kampfhandlungen von jüdischen Truppen besetzt wurden,
führte Ben Gurion Militärverordnungen ein. Nach der Staatsgründung im Mai 1948
wurde daraus die offizielle Militärverwaltung. Sie wurde auch auf die
arabischen Gebiete innerhalb des jüdischen Staates ausgedehnt. Das hatte zur
Folge, dass achtzig Prozent der arabischen Einwohner Israels unter der
Herrschaft von Militärgouverneuren lebten, die ihre Weisungen vom Generalstab
und aus dem Verteidigungsministerium erhielten. Die Militärverwaltung leitete
ihre Hoheitsbefugnisse aus der Notstandsgesetze ab, die die britische
Mandatsregierung 1936 erlassen hatte, um den arabischen Aufstand zu
unterdrücken.
Diese Notstandsgesetze verliehen der Armee und ihren Militärgouverneuren die
Macht, eine weitgehende Kontrolle über das Leben, den Besitz, die Arbeit und
die Bewegungsfreiheit der in ihrem Hoheitsgebiet lebenden Zivilisten auszuüben.
Die Verantwortlichen Beamten konnten Personen ohne richterliche Anordnung, ohne
Angabe von Gründen und für unbegrenzte Zeit festnehmen oder einsperren, sie des
Landes verweisen, ihren Besitz einziehen oder zerstören und ihnen verbieten, zu
arbeiten oder dieses und jenes tun. Ausserdem hatten sie die Vollmacht, ganze
Gebiete auf unbegrenzte Zeit abzuriegeln.
Wenn man die Methodik auf heute projeziert, stellt man schnell fest, nichts,
aber auch gar nicht, hat sich in der israelischen Politik geändert. Seit dem
Osloer Abkommen ist es aber leichter für Israel geworden, palästinensische
Territorien abzuriegeln. Für diese Massnahmen wurde auch hier die
Staatssicherheit vorgeschoben. Die Militärverwaltung war nicht verpflichtet,
ihr Vorgehen vor irgendeinem Richter zu begründen. Also lag die wichtigste
Aufgabe, auf die Beziehungen zwischen Juden und Palästinensern einzuwirken, in
den Händen von Ben Gurion und der Streitkräfte. Die Knesset, das Kabinett und
die Gerichte konnten in diesen Dingen nur mitreden, nur wenn sie gebraucht
wurden.
Schon 1937 erklärte Ben Gurion: "Wir müssen die Araber hinauswerfen und
uns an ihre Stelle setzen". 1948, kurz nach Staatsgründung, ernannte Ben
Gurion einen Transferausschuß, und erklärte eine Woche danach der Jewish
Agency: "Ich bin für eine Zwangsumsiedlung."
Hinter den Massnahmen, mit denen die Israelis dafür sorgten, dass der Exodus
der Araber aus Israel weiterging, stand die Entschlossenheit, keinem der
Geflohenen die Rückkehr zu gestatten. Sämtliche zionistischen Führer - ob Ben
Gurion, Scharett oder Weizmann - stimmten in diesem Punkt überein. Ben Gurion
schrieb hierzu: "Ihre Rückkehr muß [...] um jeden Preis verhindert
werden." Am 5. Juli 1948 übermittelte Sharett dem israelischen UNO-Botschafter
Abba Eban die folgende Instruktion: "Was Araber betrifft, die Wohnorte
verlassen haben ["vertrieben wurden"; d. Red.], bitte unsere Haltung
kategorisch klarmachen: Ihre Rückkehr kommt nicht in Frage, ..."
Von Beginn an verfolgten die Zionisten der Vertreibungs- und
Enteignungspolitik. Sie beschlagnahmten kaum zu überschätzende Vermögenswerte,
bewegliches und unbewegliches Eigentum "abwesender" Araber. Der
"Bevölkerungsaustausch" war damit also, kurz gesagt, Wirklichkeit
geworden.
Der Mythos vom freiwilligen Auszug der Palästinenser als Antwort auf arabische
"Weisungen von oben" hat sich mit erstaunlicher Zählebigkeit
gehalten. Rückblickend kann man erkennen, dass der Mythos das unvermeidliche
Ergebnis davon war, dass "man" den Palästinensern ihr Recht auf
Unabhängigkeit und Eigenstaatlichkeit verweigert hatte, ein Prinzip, das die
zionistische Politik von Anfang an geleitet hatte.
Mit diesem Mythos liessen sich zunächst die Spuren der unschönen Methoden
tilgen, die die zionistischen Sieger angewandt hatten - von der Beschlagnahme
von Lebensmitteln, Rohstoffen, Medikamenten und Grundstücken bis zu den Akten
des Terrors, Einschüchterung und Panikmache und schliesslich bis zur
gewaltsamen Vertreibung -, und auf diese Weise die Schuldgefühle ersticken, die
in Teilen der Gesellschaft vorhanden waren. Viele derer, die Schuldgefühle
empfanden, wirkten an den Operationen mit, die die Flucht der Araber auslösten.
Sie befolgten selbst die Weisung, ganze Dörfer zu zerstören, Männer, Frauen und
Kinder aus ihren Häusern zu vertreiben, sie in den Tod oder in eine ungewisse
Zukunft jenseits der Grenzen zu schicken.
Der Mythos vom freiwilligen Exodus der Araber diente Israel als probates
Argument bei Weigerung, auch nur eine Teilverantwortung für das Flüchtlingsproblem
zu übernehmen, ganz zu schweigen von einer Anerkennung des Rechts der
Geflohenen auf Rückkehr. Hätte Israel dieses Recht anerkannt, wäre dies für die
arabischen Staaten das einzige Rezept gewesen, das ihnen gestattet hätte, ohne
Gesichtsverlust ihre demütigende militärische Niederlage einzugestehen, auf
jede weitere militärische Option gegen Israel zu verzichten und sich mit der
Realität eines jüdischen Staates inmitten der arabischen Welt abzufinden. Weit
davon entfernt, bis in unseren Tagen, verschlossen die Zionisten die Augen vor
der Tatsache, dass in den Reihen der entmündigten, gedemütigten und heimatlosen
Palästinenser radikal-nationalistische Bewegungen, als einer logischen Folge,
entwickelten.
Heute, nach 55 Jahren Demütigung und Entmüdigung, setzt die israelische
Staatsführung, an deren Spitze Ariel Sharon, die damaligen Worte Ben Gurions,
mit der Zwangsvertreibung, getreu um, und die 1948 begonnene Vertreibung der
Palästinenser mit nackter Gewalt fort.
Quellennachweis dritter Mythos:
Flapan, Simcha: Die Geburt Israels. Knesebeck & Schuler, 1988
Forum fuer Palaestina: Diverse Forum-Dokumentationen "Zur Lage in
Palaestina", 1997
Hartung, Arnold (uebersetzt): Die VN-Resolutionen zum Nahost- Konflikt. (Ab 5.
Mai 1947 bis 29. Juni 1976). Berlin Verlag, 1978
Hartung, Arnold (Uebersetzt): Die VN-Resolutionen zum Nahost- Konflikt. (Ab 30.
November 1977 bis 29. November 1990 Koestler, Arthur: Der dreizehnte Stamm. Das
Reich der Khasaren und sein Erbe. 1991
Poschinger, Georg: Der Palaestina-Konflikt, unsere Medien und wir. R.G.
Fischer, 1992
Vierter
Mythos:
Die ersten drei Folgen, Mythen israelischer Politik: „Lüge statt Wahrheit“
wurden hauptsächlich in Anlehnung auf das Buch von Simcha Flapan: „Die Geburt
Israels- Mythos und Wirklichkeit“ geschrieben. Dieses Buch war bereits, kurz
nach seinem Erscheinen 1988, bei Knesebeck & Schuler Verlag, vergriffen
(worden). Das Buch sollte auch keine neue Auflage erfahren.
Am 5. Juni 2004 fand in Köln die „Internationale
Konferenz für einen gerechten Frieden in Palästina und Israel“ statt. Dort traf
ich Abraham Melzer, nachdem man sich viele Jahre aus den Augen verloren hatte.
Abraham war der Herausgeber der Zeitschrift:
„SEMITTIMES“, mit er vor fünfzehn Jahren antrat, „um einerseits etwas Bewegung
in den monotonen und starren Strukturen der jüdischen Bevölkerung in
Deutschland zu bringen, andererseits um einen Beitrag zu leisten zur
friedlichen Lösung des Nahost-Konflikts“, so Melzer zu seiner in Buchform nun
erschienene Zeitschrift: „SEMITTIMES“ – Das jüdische Magazin“, 2004 im Melzer
Verlag.
Was geschah in all den Jahren dazwischen,
erzählte mir Abraham kurz. Die starren Strukturen, bei vielen Juden in den
Gemeinden, waren nicht aufzubrechen. Zumindest gelang es nicht immer. Es gab
viel Widerspruch. Man versuchte seine Existenz zu ruinieren, was beinah
gelungen wäre. Abraham glaubt aber an seiner Idee und ist ein Aufsteh-Mensch,
ein Kämpfer. Also steht er auch jetzt und heute, mit seinem neuen Verlag, fest
auf beiden Füßen.
Werfen Sie bitte einen Blick in unserer
Bücherthek, dort finden Sie viele wunderbare und mutige Bücher aus seinem
Verlag.
Bei der o.g. Begegnung sprach ich mit ihm über
den Inhalt des Buches von Simcha Flapan und über seine Geschichte, wie es aus
dem Markt verschwand. Ich habe ihn gefragt, ob er es nicht herausbringen würde.
Er zögerte keine Sekunde und sagte zu, das Buch im Frühjahr 2005 herauszubringen.
Dafür wollte ich ihm mein (Original-) Exemplar zur Verfügung zu stellen. Nach
ein paar Tagen, als das bereits verpackte Buch zur Post bringen wollte,
schellte das Telefon und am anderen Ende war Abraham. Er verkündete, dass er
ein Exemplar im Internet fand und dass er die Rechte für das Buch bereits
gekauft hatte. Einer neuen Herausgabe des Buches stand nichts mehr im Wege. Das
Buch kam auch pünktlich im Frühjahr auf dem Markt. Deshalb werden wir keine
neuen Folgen mehr eingegeben, weil man nun das Original lesen kann.
Bei dieser Gelegenheit sollte man auch das Buch
von Ted Hoderich: „Nach dem Terror“, erst herausgegeben vom Suhrkamp Verlag,
nicht unerwähnt lassen, als der Oberaufseher Micha Brumlik dem Buch
antisemitischen Inhalt vorwarf, zögerte Suhrkamp keine Sekunde und zerstapfte
das Buch blitzschnell, vor lauter Einschüchterung. Nach dem Abraham Melzer auch
dieses Buch verlegte, ergänzte Professor Ted Honderich, dass er nicht ein
einziges Wort aus seinem Buch zurücknehmen würde.
Im übrigen, der Suhrkamp Verlag hat dem Melzer
Verlag nicht mal die Übersetzung, gegen Entgelt, zur Verfügung gestellt. Das
Buch müsste neu übersetzt werden. Das spricht Bände für sich.
P.S.: Interessierte können dieses Buch, auch
andere Bücher über den Nahost-Konflikt (Liste erfragen), bei uns bestellen. Sie bekommen es zum Buchladenpreis. Ihr
Vorteil: Wir übernehmen Verpackung und Porto.