Offener Brief an:
Sehr geehrte Bundeskanzlerin, Bundestagsabgeordnete und Regierungsvertreter, Medien, Presse, Institutionen, Mandatsträger, Privatpersonen u.v.m.,
bitte lesen den Brief im Anschluss aus Gaza gründlich, um zu wissen wie die Menschen dort leiden.
Dr. A. Shokry wendet sich an die Bundeskanzlerin und meint auch, man kann nicht mehr sagen: "Ich habe es nicht gewußt"...
Dr. A. Shokry wendet sich an die Bundeskanzlerin und meint auch, man kann nicht mehr sagen: "Ich habe es nicht gewußt"...
Und ich frage Sie, Frau Bundeskanzlerin, haben Sie das wirklich nicht gewußt, als Sie Ihr brühmtes Versprechen, vor der israelischen Knesset am 18. März 2008: "Die Sicherheit Israels ist Teil der deutschen Staatsräson", abgegeben haben?
Haben Sie es wirklich nicht gewußt, daß diese Ethnokratie die Menschenrechte der Palästinenser täglich vergewaltigt und das Völkerecht mit Füßen tritt?
Haben Sie nicht gewußt, dass dieser zionistisch-rassistischer Staat seit 50 Jahren das palästinensiche Volk unterdrückt, illegal besetzt hält, dessen verbrieftes Recht auf Selbstbestimmung verweigert und sein Land und Eigentum raubt?
Haben Sie nicht gewußt, dass die zionistischen Eindriglinge und Kolonisatoren den Palästinensern, die eigentlichen und rechtmäßigen Eigentümer des Landes, die Rückkehr in ihre angestammte Heimat zurückzukehren, was in der Resolution der Staatengemeinschaft 194 dokumetiert ist, verweigert? Dafür darf jeder Jude, egal woher, nach Israel kommen, in ein Land das ihm nicht gehört.
Haben Sie nicht gewußt, dass dieser Staat mehrmals und immer wieder Kiegsverbrechen begeht und begangen hat, zum Beispiel gegen Gaza in den Jahren 2008/2009, 2012 und 2014?
Haben Sie nicht gewußt, dass der Staat Israel fast täglich Verbrechen gegen Menschlichkeit begeht, Palästinensern mordet, exekutiert, einkerkert, foltert, drangsaliert, unterdrückt und schikaniert, wobei Kinder nicht verschont bleiben?
Diese Liste der Verbrechen des Besatzers Israel ist noch lang, sehr lang. Haben Sie das alles nicht gewußt?
Wie lange noch muss das "besondere
Verhältnis" Deutschlands zum Apartheidstaat Israel, auf Kosten des
palästinensischen Volks, herhalten müssen und ausgeschlachtet werden?
Einen Lichtblick am Ende des Tunnels ist auszumachen, nämlich wenn Sie endlich im Herbst des Jahres, am 24. September, gegangen werden. Eins dürfen Sie natürlich nicht vergessen, Ihre "Staatsräson" mitzunehmen.
Beste Wünsche zum Abschied
Einen Lichtblick am Ende des Tunnels ist auszumachen, nämlich wenn Sie endlich im Herbst des Jahres, am 24. September, gegangen werden. Eins dürfen Sie natürlich nicht vergessen, Ihre "Staatsräson" mitzunehmen.
Beste Wünsche zum Abschied
Dr. Izzeddin Musa
Anschrift
Meldung aus Gaza von Dr. A. Schokry:
Meldung aus Gaza, Gaza, am 07 -03- 2017
Sehr geehrte Damen und Herren, Liebe Freundinnen und Liebe Freunde,
Eigentlich
ist nicht viel geschehen, seitdem ich Ihnen und Euch meine letzte Mail
gesendet habe. Sie fragen sich vielleicht, warum ich mich dennoch schon
wieder aus Gaza melde.
Ja,
man kann froh sein, wenn nicht viel geschieht. Aber wir leben damit,
dass es jeden Tag schlimmer kommen kann. Es liegt dauernd eine Spannung
in der Luft, die wir alle hier spüren. Und dass die nicht unbegründet
ist, kann man in israelischen Tageszeitungen nachlesen, wenn dort
Politiker zitiert werden. Manchmal denke ich, dass manche Politiker dort
nur auf den passenden Moment, auf den „guten“ Grund warten, das
„Problem Gaza“ wie sie es sehen zu „lösen“. In Leserbriefen in der
Tageszeitung Haaretz, immerhin eine liberale Zeitung, wird gefordert
„let’s finish the job in Gaza“. Unsere Bedrohung ist also ganz real und
nicht meine Phantasie.
Es
ist also kein Wunder, dass die Menschen in Gaza verzweifelt und
hoffnungslos sind und dass sie resignieren angesichts der
Aussichtslosigkeit in Ruhe und Frieden und Freiheit leben zu können. Die
Angst, dass es wieder losgehen könnte, beherrscht unser Leben. Dennoch
sind wir im Alltag Überlebenskünstler und müssen es sein. Jeden Tag neu
versuchen wir das Beste aus unserem Leben zu machen und jeden Tag neu
suchen wir nach Wegen, um nicht aufzugeben, um nicht gänzlich in Apathie
zu verfallen. Das gelingt mal besser, mal schlechter, denn was wir zu
bewältigen haben, kann sich kaum jemand außerhalb von Gaza vorstellen.
Es
ist sehr anstrengend und fast unmöglich, ein normales Leben in Gaza zu
führen, denn mal gibt es kein Erdgas, um zu kochen, mal gibt es keinen
Strom, mal kein Wasser, mal keine Brennstoffe. Seit Jahren gibt es einen
akuten Geldmangel selbst in den Familien, die tagein, tagaus arbeiten.
Seit Jahren bekommen meine Frau und ich nur 50% unseres eigentlichen
Gehalts ausgezahlt. Noch schlechter geht es den jungen Leuten, die keine
Arbeit finden. Fast 250 000 junge Leute mit universitären Abschlüssen
finden keine Arbeit.
Täglich
fürchte ich, dass es zur Explosion kommen könnte. So schlimm es ist,
für ein besseres Leben in ein anderes Land flüchten zu müssen, wie es
gegenwärtig so viele junge Menschen auf sich nehmen und Richtung Europa
aufbrechen, so ist uns das hier in Gaza nicht einmal möglich, denn wir
leben unverschuldet in einem großen Gefängnis. In einem Gefängnis, in
dem die Wärter auf beiden Seiten, Israel und Ägypten, mir und
hunderttausenden friedlichen Palästinensern in Gaza mit dem Tod drohen,
wenn wir uns auch nur dem Ausgang nähern würden.
Wie
gern würde ich (und würden wir) auch nur für wenige Wochen einmal
wieder das Gefühl von Freiheit genießen. Und wie gut wäre es, wenn ich
für ein paar Tage oder Wochen ohne Angst leben könnte. Aber selbst wenn
ich mit viel Glück nach Berlin ausreisen dürfte, wo ich siebzehn Jahre
gelebt habe, so kann ich das nicht riskieren, weil es nicht sicher ist,
dass ich auch wieder nach Gaza einreisen dürfte. Mir sind viele Fälle
bekannt, in denen Palästinensern aus Gaza die Rückkehr verwehrt worden
ist. Ich kann das Risiko nicht eingehen, denn ich kann diese
Ungewissheit meiner Frau und meinen Kindern nicht antun.
Wir
sind alle in Gaza eingesperrt. Und vergessen Sie nicht, dass wir keine
Armee haben, keine Flugzeuge, die Bomben werfen können, keine Panzer und
vor allem auch keine Bunker, die uns schützen könnten vor Angriffen.
Und wie gesagt, wir können auch nicht fliehen, wie etwa die Menschen in
Syrien oder anderswo. Ich glaube, diese Situation machen sich die
Menschen in der Welt nicht klar. Es scheint bequemer zu sein zu wissen,
wer der „Böse“ und wer der „Gute“ ist. Manchmal hängt dies aber davon
ab, wer die Weltmeinung dominiert. Ich fürchte, die Menschen
sympathisieren ganz generell meistens mit dem Stärkeren (ich hoffe, so
sehr, dass ich falsch liege). Wir in Gaza gehören ganz sicher nicht zu
dieser Gruppe.
Vor
einigen Tagen haben israelische Kampfflugzeuge (unterschiedliche
Modelle) verschiedene Orte und "Ziele" angegriffen und zerstört. Das
wurde als Reaktion auf eine angeblich aus dem Gazastreifen gegen Israel
abgefeuerte Rakete erklärt. Ich weiß nicht, ob das stimmt. Und wenn es
stimmt, dass eine Rakete abgefeuert wurde, so ist das schlichtweg dumm,
sinnlos und gefährlich, wie man weiß. Aber vielleicht kommt das manchen
ganz gelegen, die auf „gute“ Gründe warten.
Jeder
weiß, dass die Reaktionen Israels immer unverhältnismäßig sind. Sie
erinnern sich sicher, dass in der von Israel sogenannten Aktion
„Protective edge“, d.h. der Bombardierung Gazas 2014, ca. 2250
Palästinenser getötet wurden. Von internationalen Stellen wird
angenommen, dass ca. 1400 von ihnen Zivilisten waren und ca. 500 von
diesen Kinder. Es sind dagegen 73 Israelis zu Tode gekommen, 6 (sechs)
von ihnen waren Zivilisten. Durch Bomben wurden 18 000 Häuser und
Wohnungen zerstört. Ich denke, ich muss das nicht kommentieren. Ich will
hier auch keine Vergleiche machen…. Meine Familie hat überlebt. Wir
haben Glück gehabt. Aber werden wir noch einmal Glück haben? Mit dieser
Frage lebe ich täglich. Und sie macht mir Angst.
Die
Einschläge der Bomben konnte ich und ebenso meine Kinder deutlich
hören, denn es war mitten am Tag. Mein Schwiegervater wurde von seinen
Enkeln gefragt, ob nun ihr Haus wieder angegriffen und zerstört wird.
Denn das Haus wurde während der Angriffe 2014 zum Teil zerstört und ist
mittlerweile wieder aufgebaut worden. Die Kriegstraumata "wohnen" in
unseren Seelen und Körpern, ganz besonders auch in denen der Kinder. Wir
sind kraftlos und schutzlos. So viele Kinder, auch meine, haben drei
Mal in wenigen Jahren tagelange Bombardierungen erleben müssen. Das geht nicht spurlos an ihnen vorüber. Aber es scheint niemand zu interessieren. Das Mitleid gilt den Kindern der Stärkeren.
Wir
sind eingesperrt, wir haben keinen Flughafen, wir haben keinen
Seehafen, die Grenzen um unseren kleinen Landstrich sind verriegelt.
Nicht einmal Besuch dürfen wir empfangen. Kürzlich hat Israel fünf
Abgeordneten des europäischen Parlaments die Einreise nach Gaza
verweigert. Vermutlich hören Sie davon in Deutschland nichts. Meine
Freunde in Deutschland können mich nicht besuchen. Wenn ich darüber
nachdenke, stelle ich fest, dass unsere Haftbedingungen noch schlechter
sind als die „normaler“ Gefängnisinsassen. Wir haben aber NICHTS
getan!!!!
Wenn
ich lese und höre, was gegenwärtig geschrieben und gesagt wird in
Israel, so scheint mir alles auf eine gigantischen Explosion
hinauszulaufen. Zwischen den Zeilen bereitet der Nachbar etwas vor. Das
ist nicht nur meine persönliche Meinung, sondern auch die von
israelischen Ministern und Politkern sowie von Journalisten äußern sich
entsprechend.
Und
ich schäme mich nicht in die Welt zu rufen, dass ich große Angst habe
um meine Kinder, meine Frau, meine alten Eltern, meine Verwandten und
alle, die ich kenne und auch nicht persönlich kenne.
Bitte
tun Sie etwas! Bitte lassen Sie es nicht geschehen, dass man ein
eingesperrtes Volk, das keine Möglichkeit hat zu fliehen, bombardiert.
Wir sind Menschen, die genauso wie Sie in Frieden Ruhe UND Freiheit
leben wollen!
Ich
wende mich mit meinem Schreiben auch an Federica Mogherini, die Hohe
Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik und an
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel mit der dringlichen Bitte, unsere
Situation nicht aus dem Blick zu verlieren und etwas zu unternehmen, um
einen Krieg zu verhindern, der nicht nur uns, sondern die ganze Region
in noch mehr Flammen setzen könnte.
Und
bitte sagen Sie nicht, dass Sie es nicht gewusst haben. Wenden Sie sich
auch ganz direkt an Ihre Politiker, handeln Sie, wenn Ihnen das Leben
der Menschen in Gaza und im Nachbarland, nicht gleichgültig ist.
Ich
bin mir sicher, dass Sie schon einiges bewirken könnten, wenn Sie es
wollen. Die Adressen aller wichtigen Politiker lassen sich im Internet
leicht finden.
In der Hoffnung, dass der kommende Frühling, Frühling bleibt, verbleibe ich für heute
Mit freundlichen Grüßen
Dr. A. Schokry
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