Gastbeitrag:
Die Krim und das Völkerrecht / Reinhard Merkel
Seitens des russischen Staates wurde kein Völkerrecht
verletzt. Die originäre Verletzung des Völkerrechts war die Installierung der
EUSA-Bandera-Faschisten in Kiew durch die EU und die USA mittels faschistischem
Putsch. Das, was sich in Kiew “Regierung” nennt, kann keinerlei
Legitimität beanspruchen, egal wie oft sie sich unter den
faschistischen Gewehrläufen “wählen lässt”.
Darüber hinaus hat jeder Bürger – so steht es z. B. im GG
– ein Widerstandsrecht, sollte der eigene Staat von einer Bande Faschisten
“übernommen” werden. Und dieses Widerstandsrecht nimmt die Bevölkerung der
Ostukraine wahr, was wiederum ihr gutes Recht ist. Da es die
faschistischen Putschisten selbst waren, die durch ihren Staatsstreich den
ukrainischen Staat als bindende Klammer für die Bevölkerung der Ukraine
zerstört haben, dürfen die Putschisten in Kiew sich nun nicht wundern, wenn die
Bevölkerung der Ostukraine den Weg der Abspaltung von diesem “Staatsgebilde” in
der Hand des Bandera-Faschismus geht. Und deshalb sollten wir wirklich die
Kirche im Dorf lassen, auch was die Krim betrifft.
Die
Krim und das Völkerrecht
Kühle Ironie der
Geschichte
Russland hat völkerrechtliche Ansprüche der
Ukraine verletzt. Aber man sollte die Kirche im Dorf lassen. Wer am lautesten
nach Sanktionen schreit, lenkt nur ab von der eigenen Blamage.
07.04.2014, von REINHARD MERKEL
Hat Russland die
Krim annektiert? Nein. Waren das Referendum auf der Krim und deren Abspaltung
von der Ukraine völkerrechtswidrig? Nein. Waren sie also rechtens? Nein; sie
verstießen gegen die ukrainische Verfassung (aber das ist keine Frage des
Völkerrechts). Hätte aber Russland wegen dieser Verfassungswidrigkeit den
Beitritt der Krim nicht ablehnen müssen? Nein; die ukrainische Verfassung
bindet Russland nicht. War dessen Handeln also völkerrechtsgemäß? Nein;
jedenfalls seine militärische Präsenz auf der Krim außerhalb seiner
Pachtgebiete dort war völkerrechtswidrig. Folgt daraus nicht, dass die von
dieser Militärpräsenz erst möglich gemachte Abspaltung der Krim null und
nichtig war und somit deren nachfolgender Beitritt zu Russland doch nichts
anderes als eine maskierte Annexion? Nein.
Die offiziellen
Bekundungen westlicher Regierungen lauten anders. Glaubt man ihnen, dann hat
Russland auf der Krim völkerrechtlich das Gleiche getan wie Saddam Hussein 1991
in Kuweit: fremdes Staatsgebiet militärisch konfisziert und dem eigenen
zugeschlagen. Die Annexion damals, man erinnert sich, hat ihrem Urheber einen
massiven Militärschlag zugezogen. Wäre ein solcher Schlag, von seiner
politischen Unmöglichkeit abgesehen, heute auch gegen Russland gerechtfertigt?
Gewiss nicht. Aber das ist nicht der einzige Grund, den regierungsamtlichen
Vokativen von Berlin bis Washington zu misstrauen.
Sezession,
Referendum, Beitritt ist etwas anderes als Annexion
„Annexion“
heißt im Völkerrecht die gewaltsame Aneignung von Land gegen den Willen des
Staates, dem es zugehört, durch einen anderen Staat. Annexionen verletzen das
zwischenstaatliche Gewaltverbot, die Grundnorm der rechtlichen Weltordnung.
Regelmäßig geschehen sie im Modus eines „bewaffneten Angriffs“, der schwersten
Form zwischenstaatlicher Rechtsverletzungen. Dann lösen sie nach Artikel 51 der
UN-Charta Befugnisse zur militärischen Notwehr des Angegriffenen und zur
Nothilfe seitens dritter Staaten aus - Erlaubnisse zum Krieg auch ohne
Billigung durch den Weltsicherheitsrat. Schon diese Überlegung sollte den
freihändigen Umgang mit dem Prädikat „Annexion“ ein wenig disziplinieren.
Freilich bietet dessen abstrakte Definition auch allerlei irreführenden
Deutungen Raum. Aus einer von ihnen scheint sich das völkerrechtliche Stigma
ableiten zu lassen, das der Westen derzeit dem russischen Vorgehen aufdrückt
und an dem er die eigene Empörung beglaubigt.
Aber das ist
Propaganda. Was auf der Krim stattgefunden hat, war etwas anderes: eine
Sezession, die Erklärung der staatlichen Unabhängigkeit, bestätigt von einem
Referendum, das die Abspaltung von der Ukraine billigte. Ihm folgte der Antrag
auf Beitritt zur Russischen Föderation, den Moskau annahm. Sezession,
Referendum und Beitritt schließen eine Annexion aus, und zwar selbst dann, wenn
alle drei völkerrechtswidrig gewesen sein sollten. Der Unterschied zur
Annexion, den sie markieren, ist ungefähr der zwischen Wegnehmen und Annehmen.
Auch wenn ein Geber, hier die De-facto-Regierung der Krim, rechtswidrig
handelt, macht er den Annehmenden nicht zum Wegnehmer. Man mag ja die ganze
Transaktion aus Rechtsgründen für nichtig halten. Das macht sie dennoch nicht
zur Annexion, zur räuberischen Landnahme mittels Gewalt, einem
völkerrechtlichen Titel zum Krieg.
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