Militäreinsatz
in Syrien ohne UN-Mandat
Von: Izzeddin
Musa 02.12.2015 um 20:16 Uhr
Sehr geehrter Herr Dr. Norbert
Röttgen,
nach dem Willen der Bundesregierung sollen sich deutsche Streitkräfte am
militärischen Vorgehen gegen den sog. "Islamischen Staat" beteiligen
- unter anderem mit "Tornado"-Flugzeugen und einer Fregatte der
Bundesmarine. Der Bundestag wird am Freitag darüber entscheiden, ob er
einem solchen Einsatz zustimmt. Es liegt daher auch in Ihrer Hand als
Abgeordneter, ob ein entsprechendes Mandat erteilt wird. Ich bitte Sie
dringend, einem solchen Mandat nicht zuzustimmen.
Verstoß gegen das Völkerrecht
Ein Einsatz der Bundeswehr im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ wäre ein Verstoß gegen das Völkerrecht. Bisher hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen keine eindeutige Erlaubnis erteilt, die einen solchen Einsatz legitimieren würde. Auch die Berufung auf den Artikel 42 des EU-Vertrages, in dem einem Mitgliedstaat für den Fall eines Angriffes Beistand zugesagt wird, reicht zur Legitimation nicht aus. Schon gar nicht ersetzt sie ein Mandat des UN-Sicherheitsrates. Denn EU-Recht kann keinesfalls höher stehen als das Völkerrecht.
Die Regierung und andere politische Kräfte verbreiten derzeit den Eindruck, dass es sich bei dem geplanten Einsatz um eine Art „Militäraktion light“ handelt. Es gehe „nur“ um Aufklärung, heißt es. Dieser Eindruck ist falsch: Die Bundeswehr würde faktisch am Krieg beteiligt. Die „Tornados“, das für den Einsatz vorgesehene Satellitensystem „SAR-Lupe“ und die Radaranlagen der Fregatte dienen der Lageaufklärung. Sie liefern damit Daten für die Zielerfassung. Diese Daten würden weitere Bomben- und Raketenangriffe der Koalition gegen den IS ermöglichen.
Krieg löst die Probleme nicht
Die Probleme im Nahen und Mittleren Osten werden durch militärische Gewalt
nicht gelöst, sondern verschlimmert. Das zeigt die jüngste Geschichte: Die
Militärinterventionen in Afghanistan, im Irak und in Libyen z. B. haben nicht
wie versprochen zur Stabilisierung dieser Länder, sondern zu mehr Chaos,
Zerstörung und unzählige Tote geführt. Der von den USA ausgerufene „Krieg gegen
den Terror“ hat nicht einen Niedergang terroristischer Aktionen, sondern im
Gegenteil deren Ausweitung bewirkt. Die Geburt von Daesh (sog. IS) vollzog sich
in Irak, als Folge des Krieges (ohne UN-Mandat) im Jahre 2003.
Wenn die Luftangriffe auf die Kämpfer des „Islamischen Staates“ intensiviert werden, bedeutet das auch den Tod von vielen unbeteiligten Zivilisten. Und diese Angriffe werden den IS in seiner Argumentation stärken, er sei eine Widerstandsbewegung gegen westliche Aggression.
Dem IS die Basis entziehen
Wer den IS effektiv bekämpfen will, dem
stellt sich die Frage, warum diese zweifellos terroristische Organisation
soviel Unterstützung genießt. Die Antwort liegt in der miserablen
Lebenssituation von Millionen Menschen im Nahen und Mittleren Osten. Der IS
verspricht ihnen nicht nur eine „ideologische Heimat“, sondern ganz konkret
eine wirtschaftliche Perspektive.
Darüber hinaus gilt es, dem „Islamischen Staat“ die ökonomische Basis zu
entziehen. Dies bedeutet, den schwunghaften Handel von Öl, Phosphat,
Altertümer, Lebensmitteln und Waffen zu unterbinden, den der IS z. B. mit der
Türkei betreibt. Geldströme aus dem Ausland (Saudi Arabien, Katar), die in
IS-Gebiete fließen, sind zu kappen, IS-Rekrutierungsbüros zu schließen. Die
Söldner der sog. IS kommen aus 80 Ländern, viele davon sind aus europäischen
Ländern, auch aus den USA.
Für die Konflikte in Syrien und dem Irak kann es keine militärische, sondern
nur eine politische Lösung geben. Fünf Jahre Krieg gegen Syrien bestätigen
das.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Izzeddin Musa
Am Bonner Graben 19
53343 Wachtberg
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