Stellungnahme
der "Jüdischen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten
zur neuen Gaza-Krise
http://www.hagalil.com/2010/06/j-sozis/
http://www.hagalil.com/archiv/2010/06/03/j-sozis/print/
Mit solidarischen Grüßen
Dr. Izzeddin Musa
Ein echter Semit, geboren in Haifa.
http://www.hagalil.com/2010/06/j-sozis/
http://www.hagalil.com/archiv/2010/06/03/j-sozis/print/
Untersuchen und nicht Vorverurteilen
Arbeitskreis jüdischer Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zur neuen Gaza-Krise…
Antalya/Frankfurt-am-Main – Der Arbeitskreis jüdischer
SozialdemokratInnen ist bestürzt über die Gewalt im Mittelmeer. Wir
rufen die israelische Regierung auf, die Umstände der Erstürmung eines
der Schiffe des sogenannten „Gaza-Hilfskonvois“ umfassend zu untersuchen
und die Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Insbesondere bleibt die Frage nach der Erforderlichkeit und
Professionalität dieses Einsatzes zu klären.
Zugleich warnen wir vor voreiligen Schuldzuweisungen und
Schlussfolgerungen, seitens internationaler und deutscher politischer
Akteure und Parteien. Wir halten fest, dass die humanitäre Situation in
Gaza Anlass für Sorge bleibt und politisches Handeln auf allen Seiten
erfordert. Diese Frage hat aber nichts mit dem konkreten Vorfall zu tun.
Die Frage der Verhältnismäßigkeit der Erstürmung bleibt davon unberührt
und muss getrennt beantwortet werden. Nicht zu vergessen ist hierbei
auch, dass der Aktion des israelischen Militärs eine unmissverständliche
Warnung an die Organisatoren der so genannten „Hilfsflotte“ vorausging.
Die Entscheidung der Initiatoren, das Angebot der israelischen und der
ägyptischen Regierungen auszuschlagen, die Hilfsgüter an die Bedürftigen
über die Landwege zu verteilen, wirft die Frage nach den eigentlichen
Motiven der Beteiligten auf. In diesem Zusammenhang traf auch die
türkische Regierung, unter deren Flagge das betreffende Schiff unterwegs
war, eine besondere Verantwortung, auf die Initiatoren deeskalierend zu
wirken. Inwiefern die Regierung von Recep Erdogan dieser Verantwortung
gerecht wurde, bleibt ebenfalls zu untersuchen.
Wir bleiben dem Frieden und Erhaltung von Menschenleben verpflichtet!
Menschenleben sind zu kostbar, um zu propagandistischen Zwecken
missbraucht zu werden. Daran sollten sich alle Seiten in diesem Konflikt
erinnern. Auch gilt es gerade in Deutschland mit aller Kraft zu
verhindern, dass die tragischen Ereignisse im Mittelmeer zu einem
Vorwand für die Verbreitung von antisemitischer und israelfeindlicher
Haltung missbraucht werden.
Der Arbeitskreis jüdischer Sozialdemokratinnen und
Sozialdemokraten ist ein 2007 gegründeter und offiziell anerkannter
Bundesarbeitskreis innerhalb der Sozialdemokratischen Partei
Deutschlands (SPD), Kontakt: j-sozis@web.de
Und hier meine Stellungnahme dazu:
Liebe jüdische Genossinnen und Genossen,
mit Interesse und Aufmerksamkeit las ich eure
Stellungnahme zum Militäreinsatz israelischer Soldaten, zur Erstürmung der
Friedens-Hilfsflotte für Gaza. Der erste Absatz insgesamt ist korrekt, und ich
stimme damit überein. Eure berechtigte Forderung nach einer Klärung der
Erstürmung wird von Israel verhemmt abgelehnt. Auch der Bundestag fordert ein
Ende der Gaza-Blockade und verlangt eine Aufklärung des israelischen Angriffs
auf die Hilfsflotte. Israel hat eine internationale unabhängige
Untersuchungskommission abgelehnt. Inzwischen bietet Israel eine eigene
Untersuchungskommission an, an der auch andere, nicht israelische Personen,
teilnehmen dürften. Die Ergebnisse solcher Untersuchungen lassen zu Recht
Zweifel an der Neutralität zu. Was bei einer solchen Untersuchung
herauskommt, ist bekannt: gar nichts. Es ist so, als ob ein Mörder seinen
eigenen Mord "unabhängig" untersuchen soll.
Bei der weiteren Stellungnahme habe ich in einigen
Punkten Übereinstimmung entdeckt, jedoch einige Punkte darin sind zu bemängeln
und bedürften einer Erklärung.
Der erste Satz des zweiten Absatzes wird eigentlich im
allgemein herbeigeredet. Jedoch nicht in diesem Zusammenhang, da er den
Eindruck vermitteln könnte, man schiebe stets die Schuld zuerst auf Israel. Dem
ist wohl nicht so. Gehen wir zum zweiten Satz, den man nur als zutreffend
bezeichnen kann. Aber der Anschlusssatz, wenn Ihr behauptet, dass die Frage der
Erstürmung nichts damit zu tun hat, kann man nicht so im Raume stehen lassen. Denn,
hätte die Blockade nicht bestanden, hätten die Menschen, die die unmenschliche
Lage in Gaza nicht mehr ertragen konnten, nicht versucht, diese Blockade zu
durchbrechen. Worauf Israel mit einem unverhältnismäßigen Militäreinsatz auf
hoher See, der gegen internationales Recht verstößt, geantwortet. Die Frage der
Unverhältnismäßigkeit des Einsatzes, ob sie im Zusammenhang oder getrennt
beantwortet wird, tut nichts zur Sache. Da die Erstürmung in seiner Gesamtheit
nicht berechtigt war, weder von humanitärer noch von rechtlicher Seite. Gar
unpassend ist der dritte Satz: "Nicht zu vergessen ist hierbei auch, dass
der Aktion des israelischen Militärs eine unmissverständliche Warnung an die
Organisatoren der so genannten "Hilfsflotte" vorausging.", den
man als ein verstecktes Verständnis eurerseits für diese Vorwarnung verstehen
kann. Andererseits vermittelt er eine implizite Drohung! Heißt das etwa, dass
die Menschen nicht versuchen sollten, diese unmenschliche Blockade zu
durchbrechen? Wollt Ihr in Kauf nehmen, dass diese Blockade ewig dauern sollte,
damit den Menschen dort, insbesondere den Kindern, es an allem fehlt? Die 1,5
Millionen Menschen leben seit dem Ende des Überfalls auf Gaza, Sommer wie
Winter, in Zelten. Sie haben nichts zu essen, sie haben keine Lernmaterialien. Es
gibt keinen Strom. Ganz besonderes fehlt es an sauberem Trinkwasser, was ihnen
nach internationalem Recht nicht verweigert werden darf. Mit anderen Worten, es
fehlt diesen Menschen wirklich an allem, ohne nun im Detail alles aufzuzählen. Israel
will die Menschen bestrafen, nur weil sie ihr elementares, international
anerkanntes und verbrieftes Selbstbestimmungsrecht fordern, das ihnen, die so
genannte "einzige Demokratie" im Nahen Osten, Israel, seit seiner Gründung
verweigert. Das ist das gleiche Israel, dessen Knessetmitglied, Gründer und
Vorsitzender der ultrarechten Partei "Israel Beiteinu", Avigdor
Lieberman, ein ehemaliger Türsteher in einem Nachclub in Baku, gegen ihn läuft
in Israel seit Jahren ein Verfahren wegen Bestechung und Geldwäsche, öffentlich
in der Knesset forderte, arabische Knessetabgeordnete zu liquidieren. Nun ist
dieser Ultrarassist und gefährlichste Politiker Israels Außenminister. Ein absolutes
Armutszeugnis für Israel und seiner radikal-fanatischen Regierung. Man möge
sich vorstellen, irgendein Mensch hier, abgesehen von Ministern, Abgeordnete
oder irgendwelchen Politikern, fordert hier so etwas. Nicht auszudenken. Das
kann ein Demokrat nie gut heißen und akzeptieren, geschweige denn ein
Sozialdemokrat.
Ich möchte hier zu der "unmissverständlichen
Warnung" anmerken, dass israelischen Tageszeitungen zufolge, Israel einen
blutigen Angriff von Anfang an geplant hat, um alle weiteren Hilfskonvois
abzuschrecken. Also eine Abschreckungsmaßnahme, die im Nachhinein den
helfenden Menschen nur noch mehr Entschiedenheit und Entschlossenheit verliehen
hat. Dass Israel allerdings soweit gehen würde, hat keiner der begleitenden
Personen, Bundestagsabgeordnete, Knessetabgeordnete, Künstler, Schriftsteller
u.v.a., international renommierte Persönlichkeiten, die mit an Bord waren, mit
diesem brutalen Angriff gerechnet und daher nicht darauf vorbereitet waren. Für
alle war das ein Überraschungsangriff aus heiterem Himmel.
Übrigens, in dem selben Satz kommt der Bergriff: "so
genannte Hilfsflotte" vor. Bedeutet das etwa, Ihr zweifelt an dem
humanitären Zweck der Flotte? Was unterstellt Ihr den mutigen Menschen, die
sehr große Opfer gebracht haben, um das Leid der Hungernden in Gaza ein wenig
zu lindern? Wenn es so wäre, wäre das m.E. infam.
Mit dem Angriff auf die Schiffe in internationalen
Gewässern hat Israel ohne jeden Zweifel das Seerecht grob verletzt. Israel
sollte sich demnächst hüten, wieder Hilfsschiffe zu kapern. Es isoliert sich
zusehends und macht sich langsam unerträglich für die ganze Welt.
Auch der folgende Satz: "Die Entscheidung der
Initiatoren, das Angebot der israelischen und der ägyptischen Regierungen
auszuschlagen, die Hilfsgüter an die Bedürftigen über die Landwege zu
verteilen, wirft die Frage nach den eigentlichen Motiven der Beteiligten
auf", kann so im Raume nicht unkommentiert stehen bleiben. Mit Recht haben
die beteiligten Personen es ausgeschlagen, da Ägypten die Hälfte der Güter vom
"Free Palestine Hilfskonvoi" von George Galloway konfiszierte, und
Israel würde genau so handeln. Es beschlagnahmt nämlich alle Materialen für den
Wiederaufbau, aber auch viele andere Hilfsgüter dürfen nicht die Grenze nach
Gaza passieren und werden deshalb beschlagnahmt. Das hat Israel in seinem
letzten Überfall auf den Hilfskonvoi bewiesen. Durch den international
wachsenden Druck gab Israel alle Gefangenen wieder frei und wollte, nach Beschlagnahme
von allen wichtigen Materialien für den Wiederaufbau, die Hilfsgüter an Gaza
weiter ausliefern. Die dortige Regierung hat dies zu Recht abgelehnt und
forderte Israel auf, entweder alle Hilfsgüter oder gar nichts freizugeben. Ägyptens
Präsident Mubarak handelt nur auf amerikanischen Befehl, nach den Wünschen
Israels. Diesem Politiker kann man also nicht trauen, zumal er mit der
Beschlagnahme vertraut ist. Bis heute lässt er keine Hilfssendungen, die
ägyptische Parlamentarier organisieren, nach Gaza durch.
Liebe Genossinnen und Genossen, es wäre sehr zu begrüßen,
wenn Ihr euch an der nächsten humanitären Schiffssendung, initiiert, geplant
und durchgeführt von friedensliebenden deutschen Juden, "Juden für
gerechten Frieden in Nahost", beteiligen würdet. Erst dann werdet Ihr ernst genommen.
Ihr schreibt: "In diesem Zusammenhang traf auch die
türkische Regierung, unter deren Flagge das betreffende Schiff unterwegs war,
eine besondere Verantwortung, auf die Initiatoren deeskalierend zu wirken. Inwiefern
die Regierung von Recep Erdogan dieser Verantwortung gerecht wurde, bleibt
ebenfalls zu untersuchen". Ich muss betonen, dass ich persönlich stets für
Deeskalation bin, jedoch muss ich fragen, wie können Initiatoren deeskalierend
wirken, wenn sie überhaupt nicht mit dieser überraschenden Gewalt gerechnet
haben? Fest steht, die israelische Armee hat die Schiffe außerhalb ihrer
Hoheitsgewässer angegriffen, wo das Seerecht grundsätzlich die "Freiheit
der Meere" garantiert und verbrieft ist. Augenzeugenberichten zufolge, etwa
zehn Minuten vor dem Überfall, fingen israelische Soldaten an, auf die Schiffe
zu schießen. Die israelischen Soldaten haben mit Kanonen auf Spatzen
geschossen. Alle Toten haben die Schusswunden in Kopf oder Brust. Das kann nur
mit Absicht geschehen sein. In diesem Fall ist die Rede von einer kaltblütigen
Hinrichtung zutreffend.
Und noch etwas dazu bei dieser Gelegenheit: Es reicht,
dass die Palästinenser, um des Friedens Willen, auf 78 Prozent ihres
historischen Landes zu Israels Gunsten verzichtet haben. Aber nein, Israel will
alles, außer ein paar Fleckchen, auf denen die Palästinenser ihre Ghettos
errichten sollten. Ausnahmsweise hatte der palästinensische Präsident Abbas
neulich erkannt und erklärte, es gibt nichts mehr, worauf die Palästinenser
ihren Staat errichten können. Wiederum gebe ich ihm ausnahmsweise Recht. Abraham
Melzer, Herausgeber von "DER SEMIT", hat es passend formuliert,
während die Palästinenser mit Israel über den Frieden in Palästina, was er mit
einer Pizza verglich, verhandeln, isst Israel die Pizza auf und am Ende gibt es
nichts mehr, worüber man verhandeln könnte.
Ich hätte gerne mit eurem Satz, aus dem letzten Absatz: "Wir bleiben dem Frieden und Erhaltung von Menschenleben verpflichtet! Menschenleben sind zu kostbar, um zu propagandistischen Zwecken missbraucht zu werden. Daran sollten sich alle Seiten in diesem Konflikt erinnern", als Schlusswort genommen, nur muss sich Israel daran erinnern, es soll das Völkerrecht, das Menschenleben und die Menschenrechte der Palästinenser nicht immer mit Füßen treten. Wir erinnern uns an den letzten Überfall auf Gaza, Ende 2008 Anfang 2009, der in allen Einzelheiten dokumentiert worden ist. Die Bilder sind noch vor unseren Augen, Israel hat dort international geächtete und verbotene Waffen gegen Kinder, Frauen und Greise eingesetzt. Das bleibt haften. Israel hält immer noch das Land der Palästinenser seit über 43 Jahren besetzt. Es enteignet, nimmt das Wasser weg, schikaniert, demütigt, entwürdigt, zerstört lebenswichtige Plantagen, exekutiert außergerichtlich, bestraft kollektiv, mordet, baut eine Apartheidmauer, sperrt die Palästinenser in Ghettos ein, und würgt die Wirtschaft ab. Die Liste Unmenschlichkeiten kann beliebig weitergeführt werden.
Ich hätte gerne mit eurem Satz, aus dem letzten Absatz: "Wir bleiben dem Frieden und Erhaltung von Menschenleben verpflichtet! Menschenleben sind zu kostbar, um zu propagandistischen Zwecken missbraucht zu werden. Daran sollten sich alle Seiten in diesem Konflikt erinnern", als Schlusswort genommen, nur muss sich Israel daran erinnern, es soll das Völkerrecht, das Menschenleben und die Menschenrechte der Palästinenser nicht immer mit Füßen treten. Wir erinnern uns an den letzten Überfall auf Gaza, Ende 2008 Anfang 2009, der in allen Einzelheiten dokumentiert worden ist. Die Bilder sind noch vor unseren Augen, Israel hat dort international geächtete und verbotene Waffen gegen Kinder, Frauen und Greise eingesetzt. Das bleibt haften. Israel hält immer noch das Land der Palästinenser seit über 43 Jahren besetzt. Es enteignet, nimmt das Wasser weg, schikaniert, demütigt, entwürdigt, zerstört lebenswichtige Plantagen, exekutiert außergerichtlich, bestraft kollektiv, mordet, baut eine Apartheidmauer, sperrt die Palästinenser in Ghettos ein, und würgt die Wirtschaft ab. Die Liste Unmenschlichkeiten kann beliebig weitergeführt werden.
Nun der allerletzte Satz: " Auch gilt es gerade in
Deutschland mit aller Kraft zu verhindern, dass die tragischen Ereignisse im
Mittelmeer zu einem Vorwand für die Verbreitung von antisemitischer und
israelfeindlicher Haltung missbraucht werden", den hätte man sich wirklich
sparen können. Müssen wir in der Tat mit der "Antisemitismuskeule" à
la Henryk M. Broder stets um uns herumschlagen, um jede Kritik an der
menschenverachtenden Politik Israels mundtot zu machen? Israel muss
menschlicher werden, sich in die Weltgemeinschaft einfügen und den
Palästinensern ihr verbrieftes Selbstbestimmungsrecht, was ihnen von der
Staatengemeinschaft garantiert ist, zugestehen. Damit kann jede Antihaltung
gegen Juden oder gegen Israel von vornherein ein Riegel vorgeschoben werden. So
einfach ist das.
Liebe Genossinnen und Genossen, es stünde jedem gut zu
Gesicht, wenn er öffentlich, laut und in aller Deutlichkeit ein "Unrecht
als Unrecht" bezeichnen würde. Von aufrechten SozialdemokratenInnen
möchte ich das als eine Selbstverständlichkeit empfinden. Auf dieser Basis kann
eine fruchtbare Diskussion, die zum Wohle Israels und Palästinas ist, geführt
werden.
Mit solidarischen Grüßen
Dr. Izzeddin Musa
Ein echter Semit, geboren in Haifa.
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