Dr. Izzeddin Musa - Briefkopf 2. Mai 2005
Die Horrorgeschichte der BpB
Herrn
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Die Wochenzeitung „Das Parlament“: 40 Jahre deutsch-israelische
Beziehungen
Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident,
lieber Genosse Wolfgang Thierse,
Jahrestage sind gute Gelegenheiten,
wichtiger historischer Ereignisse zu gedenken. So auch der 40. Jahrestag der
Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und
Israel. Vor dem Hintergrund der im deutschen Namen begangenen Untaten eine
große historische Leistung der Politiker beider Staaten. Was jedoch in der offiziösen
Regierungspostille „Das Parlament“ daraus gemacht wurde, entspricht eher einer
journalistischen Schmierenkomödie, als seriöser Berichterstattung. Staatsoffizielle
Regierungspropaganda war schon immer ein Markenzeichen totalitärer Staaten, was Du doch am besten wissen
müsstest.
Die Wochenzeitung „Das Parlament“ wird
unter Deiner Verantwortung im Namen des Deutschen Bundestages herausgegeben. Alle
Artikel befassen sich mit einem Land, das es in dieser Form im Nahen Osten gar
nicht gibt. Israel als Okkupations- und Unterdrückungsmacht, geschweige denn die
Palästinenser kommen gar nicht vor. Alle Beiträge huldigen einem Mythos, sie
nehmen noch nicht einmal die historischen Fakten zur Kenntnis, da diese ja
störend wirken und die Israel erzürnen könnten. So nimmt der Journalist Marc
Simon die Selbstverständnisdebatte in Israel über jüdischer und demokratischer
Staat, die von Azmi Bishara (israelisch-palästinensischer Knessetabgeordneter),
oder von den kritischen Historikern und Intellektuellen geführt werden, nicht
zur Kenntnis. Sie weisen auf den fundamentalen Widerspruch zwischen westlicher
Demokratie und jüdischem Staat hin. Beides schließt sich aus. Israel ist eine
„jüdische Demokratie“, weil alle Nicht-Juden Bürger zweiter, dritter oder gar
vierter Klasse sind und diskriminiert werden, da sie nicht jüdischen Glaubens
sind. Simon behauptet allen Ernstes, dass Israel beides sein könne, ein
Judenstaat und ein Staat für alle seine Bürger. Gerade darum dreht sich die
Debatte. Der Artikel zeigt, das der Autor die aktuelle Debatte gar nicht kennt.
Simon referiert aber nur die offiziellen zionistischen Glaubenssätze, die diesen
Unfug immer noch behaupten, obwohl längst von den renommierten und international
anerkannten „Neuen Historikern“ als Lügenpropaganda entlarvt wurden. Die auf Regierungsdokumenten
basierende Veröffentlichung von Simcha Flapan, Sekretär der Mapam-Partei 1954-1981,
schon 1987 in seinem Buch: „Die Geburt Israels – Mythos und Wirklichkeit“,
gefolgt von unzähliger Veröffentlichungen israelischer Historiker, Intellektueller und Journalisten, die alle eine Revision der israelischen
Geschichte fordern, all das scheint Marc Simon völlig entgangen zu sein.
Zu Joschka Fischers Beitrag fällt einem
kritischen Zeitungsleser nichts mehr ein. Seine verzerrte Israel-Darstellung,
seine Kritiklosigkeit und Pro-Israel-Neigung spricht Bände. Er schreibt von
einem vierjährigen palästinensischen „Terrorkrieg“ gegen Israel. Kein Wort zum Staatsterror
Israels, nichts zum Einsatz der ganzen Militärmaschinerie gegen wehrlose
Menschen. Kein Wort zum Vandalismus der israelischen Armee gegen alle
staatlichen palästinensischen Einrichtungen und gegen das Eigentum. Kein Wort
zu den fliegenden Hinrichtungskommandos á la Apache-Kampfhubschrauber. Verantwortungsloser kann sich ein Außenminister nicht
äußern.
Besonders delikat ist der Artikel über Frauenreisen
der Bundeszentrale für politische Bildung. Geschmacklos ist das Bild, dass bei
diesem Thema Michel Friedman eingerahmt von Otto Schily und dem Chef der Bundeszentrale
Krüger zeigt. Wie jeder Leser weiß, ist Friedman Experte in Frauenfragen,
insbesondere was ukrainische Prostituierte anbelangt. Hat nicht auch der
Fischer-Volmer-Erlass die ständigen Zulieferungen für Friedman im
„Intercontinental-Hotel“ in Berlin gefördert? Ob er auch Auftrageber von Otto
Schily und Thomas Krüger ist, muss offen bleiben.
Jeder Bundesbürger hat ein Recht auf
Ausgewogenheit seiner Volksvertreter und auf die in ihrem Namen herausgegebenen
Schriften des Deutschen Bundestages. Steuergelder zum Zwecke der Propaganda zu vergeuden
sind nicht statthaft. Ich fordere, dass auch für die unter der brutalen
Unterdrückung der Israelis schmachtenden Landsleute eine Sonderausgabe der
Zeitung „Das Parlament“ gewidmet wird, damit die Deutschen nachlesen können,
welche Völkerrechtsverbrechen Israel begeht. Es wird höchste Zeit, dass der
Wahrheit im Falle der Palästinenser in Deutschland zum Durchbruch verholfen
wird.
Mit freundlichen Grüßen
Unterschrift
Jetzt ist die BpB dran:
Dr. Izzeddin Musa – Briefkopf 02. Mai 2005
Sehr geehrter Herr Präsident,
lieber Genosse Thomas Krüger,
Jahrestage sind gute Gelegenheiten,
wichtiger historischer Ereignisse zu gedenken. So auch der 40. Jahrestag der
Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und
Israel. Vor dem Hintergrund der in deutschem Namen begangenen Untaten eine
große historische Leistung der Politiker beider Staaten. Was jedoch in Deiner
offiziösen Regierungspostille „Aus Politik und Zeitgeschichte“ daraus gemacht
wurde, entspricht eher einem journalistischen Schmierenstück, als seriöser
Berichterstattung. Staatsoffizielle Regierungspropaganda war doch immer ein
Markenzeichen totalitärer Staaten; dies solltest Du doch am besten wissen.
Wie die ansonsten renommierte
Zeitschrift „Aus Politik und Zeitgeschichte“ das Thema „Deutschland und Israel“
abhandelt, ist mehr als peinlich. Besonders ärgerlich ist der Beitrag des
deutschen Botschafters Rudolf Dressler. Er zitiert nur die Statistiken des
israelischen Geheimdienstes Shabak; in der Regel keine seriöse Quelle. Dressler
dürfte nach vier Jahren Botschafterdasein wissen, dass es viele israelische
Menschrechtsorganisationen, z.B. B’Tselem, gibt, welche die Verbrechen der
eigenen Regierung glaubwürdiger dokumentieren. Dressler zählt quasi jede Kugel
der Palästinenser, wohingegen er die israelischen Mordaktionen á la
Kampfhubschrauber und die unzähligen Verbrechen wie z. B. an Kindern unerwähnt
lässt. Für einen deutschen Botschafter ein Armutszeugnis und ein
Entlassungsgrund. Er bedient sich eines falschen und propagandistischen
Vergleichs mit den Toten Israels hochgerechnet auf die bundesdeutsche
Bevölkerung. Der Botschafter weiß, dass dies ein Milchmädchenrechung ist, weil
Deutschland kein anderes Volk brutal unterdrückt, knechtet und seiner
Lebensgrundlagen beraubt. Dressler rühmt sich auch noch der Tatsache, dass er
als deutscher Botschafter Ariel Sharon auf einer Wahlkampfreise begleitet habe.
Diese Servilität sieht man nur für Botschafter von Bananenrepubliken vor. Dies
hat die Bundesrepublik aber nicht nötig. Sie wird von der israelischen
Regierung schon zur Genüge erpresst, wie die U-Boot-Lieferungen zeigen, die mit
Atomraketen und Marschflugkörpern ausgerüstet worden sind. Die Forderung
Dresslers, dass das Existenzrecht Israels zum nationalen Interesse Deutschlands
gehören solle, ist nicht nur eine Dummheit, sondern nimmt auch nicht zur
Kenntnis, dass eine solche Aussage alle Verbrechen, welche die diversen
israelischen Regierungen gegenüber den Palästinensern begangen haben, von den
Deutschen mitgetragen und gerechtfertigt werden müssten. Wer solches fordert,
ist absolut irrelevant und sollte in den sofortigen Ruhestand versetzt werden.
Dresslers Einfältigkeit ist kaum noch
zu überbieten: Kein Wort zum Einsatz der gesamten Militärmaschinerie gegen
wehrlose Menschen. Kein Wort zum Vandalismus der Soldaten. Kein Wort zur Tötung
von über 400 Kindern im Alter von 0-13 Jahren. Fast alle wurden durch Schüsse
von der Hüfte aufwärts getötet. Kein Wort zu den moralisch verwerflichen
Häuserzerstörungen und Plantagenrodungen. Israelische Journalisten schreiben
unbefangen darüber.
Der Botschafter rühmt sich auch noch
damit, dass er Sharon gebeten hat, ihn auf einer Wahlkampfreise begleiten zu
dürfen. Dass sich Sharon darüber überrascht zeigte, verwundert mich nicht. Auf
eine solche Schnapsidee kann auch nur ein Deutscher kommen. Keinem anderen
Botschafter wäre dies eingefallen. Der Abgeordnete Dressler war auch schon
einmal mutiger:
Kurz nach seiner Ernennung hat er die
Völkerrechtsverstöße Israels zu Recht noch vollmundig kritisiert. Gelassen
hatte damals die israelische Regierung darauf reagiert, in dem sie erklärte,
Dressler solle erst einmal nach Israel kommen. Wie man in diesem Artikel sehen
kann, wurde er einer gehörigen Gehirnwäsche unterzogen. Vielleicht sollte er
sich nach seiner Pensionierung einem der zahlreichen israelischen
Lobbyorganisationen in Berlin als Repräsentant andienen. Dieser Botschafter ist
eine Schande für unser Land.
Die anderen Beiträge in Deiner
Zeitschrift sind ebenfalls indiskutabel; sie können unter der Rubik
deutsch-israelische Schönfärberei und Desinformation abgebucht werden. Warum
bringt die Bundeszentrale nicht eine Publikation über die Leiden der
Palästinenser heraus, wo doch die Deutschen die Verantwortung für die Leiden
der Palästinenser tragen? Mein Volk ist die Opfer der Opfer. So weit mir
bekannt ist, hat Deine Institution einen Bildungs- und keinen
Propagandaauftrag.
Kopie an den deutschen Botschafter in Israel, Genosse Rudolph Dressler, obwohl ich das Wort Genosse nicht mehr in den Mund nehmen möchte.
E-Mail an: info@bpb.de
Ger_em@netvision.net.il
Da der Präsident in der Zeit antwortete, ging die Beschwerde an seinem Dienstherr:
Beschwerde an den Innenminister Otto Schily vom 05.06.2015
Sehr geehrter Herr Minister,
ich habe am 2. Mai 2005 eine Beschwerde
an den Präsidenten der Bundeszentrale für politische Bildung, Herrn Krüger,
geschickt. Bis heute, inzwischen sind es über vier Wochen vergangen, fehlt jede
Antwort oder Stellungnahme. Es ist höchst bemerkenswert, dass eine
Bundesbehörde die Anliegen und Beschwerden der Bürger ignoriert. Gehört es etwa
nicht zu den Aufgaben einer Bundesbehörde, dass sie innerhalb vier Wochen die
Beschwerden und Anliegen der Bürger behandelt und eine Stellungnahme abgibt?
Ich finde es reichlich arrogant, wenn der Präsident der BpB, Herr Krüger, meine Beschwerde einfach ignoriert und keine Stellungnahme abgibt.
Herr Innenminister, ich ersuche Sie,
als Chef dieser Bundesbehörde, zu veranlassen, dass die Beschwerden und
Anliegen der Bürger wahrgenommen und entsprechend behandelt werden. Für Ihre Bemühungen und einer Nachricht danke ich bereits im voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Anlage: Kopie der Beschwerde an den Präsidenten der BpB, Herrn Krüger
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten:
Briefkopf: Bundeszentrale für politische Bildung
Thomas Krüger – Präsident
Herrn
Dr. Izzeddin Musa
Am Bonner Graben 19
5343 Wachtberg
Aus Politik und Zeitgeschichte
Sehr geehrter Herr Dr. Musa,
Bitte entschuldigen die Verzögerung bei
der Beantwortung Ihres Briefes. Dass eine Antwort so lange ausgeblieben ist,
lag an einer Fülle von dienstlichen Verpflichtungen, die keinen Aufschub
zuließen.
Ihre Kritik am Beitrag von Botschafter
Rudolph Dressler in „Aus Politik und Zeitgeschichte“ Nr. 15/2005 vermag ich
nicht zu folgen. Der einführende Text des amtierenden deutschen Botschafters in
Tel Aviv ist explizit als „Essay“ und damit als Meinungsäußerung
gekennzeichnet.
Es ging weder in dem Text von Dressler
noch in den anderen von Ihnen kritisierten Beiträgen um die aktuelle Situation
in Nahost, sondern um den 40. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen
zwischen Israel und der Bundesrepublik Deutschland.
Natürlich wurde dabei auch das
Verhältnis von Israelis und Palästinensern angesprochen. Ich verweise auf den
Beitrag von Dan Bar-On über die Erinnerung an den Holocaust in Israel und
Deutschland. Dort heißt es u.a.: „Israel muss die Besatzung und die Siedlungen
in der Westbank und in Gaza auflösen, damit die Palästinenser zu einem eigenen
Staat in der Lage sind. Diese Zweistaatenlösung bedeutet nicht, dass es in der
Zukunft keine Riseken mehr geben wird.“ (S. 45)
Sie loben die ApuZ als „renommierte
Zeitschrift“ und beziehen sich sicher darauf, dass wir sehr unterschiedliche
Meinungen zu aktuellen Themen, darunter auch zum Nahostkonflikt
veröffentlichen. Dabei ist in der Vergangenheit auch die palästinensische Seite
umfassend zu Wort gekommen.
Gegen Ihre Etikettierung der ApuZ als
„offiziöse Regierungspostille“ verwahre ich mich. Ihr Vorgehen, Ihren – nicht
als „offen“ erklärten – Brief an mich gemeinsam mit dem an den
Bundestagspräsidenten wie viele Ihrer Briefe an offizielle Stellen gleichzeitig
im Internet zu veröffentlichen, finde ich überraschend. Ich würde mich freuen,
wenn Sie meine Antwort neben Ihrer Kritik ebenfalls im Internet zugänglich
machen würden.
Mit freundlichen Grüßen
Unterschrift
Und ich antworte:
21.06.2005An den
Präsidenten der BpB
Herrn Thomas Krüger
Postfach 1369
53003 Bonn
Aus Politik und Zeitgeschichte, 15/2005
hier: Ihr Schreiben vom 10.06.05
Sehr geehrter Herr Krüger,
vielen Dank für ihr Schreiben vom 10.
Juni 2005. Sie verstehen bestimmt, dass ich mich an Hans und nicht an Hänschen
wende. Gerne gehe ich auf Ihre Bitte ein, auch Ihr Schreiben ins Internet zu
stellen, damit sich auch der Normalbürger ein Bild über die wirklichen Ziele
Ihrer Institution machen kann.
Dass Sie meiner Einschätzung über den
Dressler-Beitrag nicht folgen können, überrascht mich nicht, sind doch hier die
Genossen in Ihrer einseitigen Israelhaltung unter sich. Ändert ein Essay
vielleicht etwas am Wahrheitsgehalt dieser ekelhaften und menschenverachtenden
Fakten vor Ort? Oder darf man falsche Behauptungen, die Israel nützen, in einem
Essay verbreiten? Diese Sichtweise ist besonders für die politische Bildung,
für die Sie die Verantwortung tragen, eine neue Erkenntnis, die wirklich
verbreitet werden sollte. Auch Jahrestage entbinden die Jubelschreier nicht von
der Wahrheit, aber im Falle Israel scheinen keine Wertmaßstäbe mehr zu gelten.
Dies trifft für Außenminister Fischer, Botschafter Dressler, Innenminister
Schily und Sie als Leiter der Bundeszentrale für politische Bildung zu.
Da ich Ihre Zeitschrift schon seit
Jahrzehnten lese, teile ich Ihre Meinung über die weit verbreitete
palästinensische Meinung in Ihren Organen nicht. In der letzten Ausgabe der
„APuZ“, war neben drei einseitigen Meinungen israelischer Autoren eine
palästinensische Stimme vertreten. Ich habe auch das Israel-Heft der
„Informationen zur polischen Bildung“ gelesen. Eine einseitigere
Propagandaschrift lässt sich kaum noch vorstellen. So weit mir bekannt ist,
haben Sie als Bundesbehörde einen Bildungs- und keinen
Pro-Israel-Propaganda-Auftrag. Oder hat das Bild, auf dem Sie und Innenminister
Schily Michel Friedman einrahmen, die Befehlsstruktur verändert? Israel übt
seit 38 Jahren ein brutales Unterdrückungsregime aus, darüber sollte die
politische Bildung informieren. Über den Bau der Mauer und die unglaublichen
Menschenrechtsverletzungen seitens der so genannten einzigen Demokratie des
Nahen Ostens erwarte ich von Ihrer Institution Informationen und keine
Schönfärberei. Sie sind nicht Durchlauferhitzer israelischer
Propagandaschriften; dies kann das Informationsministerium Israels besser als
Sie.
Mit freundlichen Grüßen
Unterschrift
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