Donnerstag, 20. April 2017

Tagung "Nahost im Spannungsdreieck"

Die Evagelische Akademie Tutzing war, während der Zeit von Dr. Greiner, als Leiter der Akademie, mit dem ich mich gut verstanden habe, bekannt für Meinungsvielfalt und -freiheit. Das zeichnete sie stets aus und so habe ich sie immer gekannt. Für mich, und meistens mit Familie angereist, wurde immer im Schloß für Unterkunft reserviert. Einer der Mitarbeiter damals, Dr. Jochen Wagner, war sehr zionistisch angehaucht und israellastig. Öfter gab mit ihm ein Eklat, jedoch wurde er von Dr. Greiner im Zaun gehalten. Meinungsfreiheit hatte stets dort Vorrang, obwohl viele Zionisten an Tagungen teilgenommen hatten. Beim Verlauf der Tagungen über den Nahost-Konflikt tendierten die Teilnehmer für die Anliegen der Palästinenser, da sie, ob Palästinenser oder Deutsche, die referierten oder zu Wort kamen, hatten stets die besseren Argumente. Sie argumentierten immer mit dem Völkerrecht, Menschenrechte, Genfer Konvention, Resolutionen der Staatengemeinschaft u.a.m. wogegen die zionistische Seite und ihre Sayanim mit Scheinargumenten leer da standen. 

Es scheint, dass sich in der Akademie inzwischen eine Umwandlung vollzogen zu haben, deshalb schrieb ich untenstehende Mail an den gegenwärtigen Leiter, Herr Hahn, der, eine genehmigte Tagung wieder stornierte!!!

  • Von: Izzeddin Musa
  • An: hahn@ev-akademie-tutzing.de
  •                                                                                                                       19.04.2017 um 17:20 Uhr 
    Sehr geehrter Herr Hahn,
    seit Anfang der neunziger Jahre, als Dr. Friedemann Greiner die Evangelische Akademie Tutzing leitete, war ich dort eine Art Dauergast, wenn es um Themen des Nahen Ostens ging. Es fand stets eine offene Diskussion und Dialog statt. Die freie Meinungsäußerung hatte dort absolute Priorität, auch wenn des öfteren heftige Diskussionen stattgefunden haben. Die Evangelische Akademie in Tutzing war das Mekka für Intellektuelle und angesehene Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und anderen Sparten.

    Durch einen Schwerstunfall im Jan. 2008 bin ich nun verhindert, an Tagungen dort teilzunehmen. Inzwischen ist Dr. Greiner in den verdienten Ruhestand gegangen und Sie folgten ihm als Leiter. Nun höre ich, dass Sie, dem Druck der Israellobby nachgegeben haben und, eine bereits geplante Tagung über die Nahost-Problematik, wieder storniert haben.
    Dieses Vorgehen schockierend betrachte ich als eine massive Schädigung für den Ruf und die Meinungsfreiheit, die Ihre Akademie stets hochgehalten und praktiziert hat. Der freie Dialog zur Verständigung bringt die Menschen einander näher und wirkt Friedensfördernd. Sie dürfen solche Tagungen nicht zum Schweigen bringen. Bitte bewahren Sie das Erbe der Akademie zur freien Meinungsäußerung und zerstören Sie sie nicht. Das wäre durch nichts zu entschuldigen.

    Ich hoffe, Sie handeln in diesem Sinne, wofür ich Ihnen bereits heute danke, wenn Sie den Druck von Außen, der Rufschädigend wirkt, widerstehen werden.

    Mit freundlichen Grüßen
     
    Dr. Izzeddin Musa
    Anschrift u. Kontaktdaten

    Kommentar und Zuspruch eines Freundes:

    Lieber Izzedin,

    Dein Brief an Herrn Hahn ist exzellent! Denn Du öffnest ihm die von ihm vorher offensichtlich bereits zugeschlagene Hintertür.... Inch'a Allah!

    Liebe Grüße

    Günter


    Ich möchte hier den Brief von Prof. Moshe Zuckermann, der als Referierender eingelanden war, wiedergeben:


    Prof. Dr. Moshe Zimmermann, Koebner Chair, emeritus
                                                                                                                   
    19. April 2017

    Herrn
    Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm
    Herrn
    Akademiedirektor Udo Hahn

    Sehr geehrter Herr Landesbischof Bedford-Strohm, sehr geehrter Herr Hahn,

    für den 12. bis 14. Mai 2017 hatte die Evangelische Akademie Tutzing in Kooperation mit der Evangelischen Stadtakademie München und der Petra Kelly-Stiftung ein Symposium zum Thema "Nahostpolitik im Spannungsdreieck. Israelisch-palästinensische Friedensgruppen als Lernorte für deutsche Politik?" geplant. Zu dieser Tagung wurden wir, friedensbewegte Israelis und Palästinenser, wie auch deutsche Politiker, Journalisten und Intellektuelle von den Veranstaltern eingeladen.

    Am 12. April erreichte uns die Mitteilung von Frau Dr.  Ulrike Haerendel aus Tutzing, dass nach schwierigen Diskussionen und heftiger Kritik Herr Direktor Hahn das Tagungsprojekt verschoben hat. Auf der Website der Evangelischen Akademie Tutzing wurde dann erklärt, dass es „nicht gelungen ist, alle für das Thema maßgeblichen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner in angemessener Zahl zu gewinnen.“ Das Programm stand jedoch bereits im Februar d.J. fest.

    Wir fragen uns, von wem die Kritik gekommen ist, und vor allem, warum diese späte Kritik zur Stornierung der Tagung führen konnte. Es ist anzunehmen, dass es sich hier um einen weiteren Versuch handelt, die kritischen Stimmen aus dem Nahen Osten auch in Deutschland zum Schweigen zu bringen.

    Wir, die zur Tagung eingeladenen Intellektuellen aus Palästina und Israel, sind davon überzeugt, dass die Zukunft unserer Völker auf der Hoffnung beruht, über den Dialog zur Verständigung zu kommen, und dass wir auf Zusammenarbeit angewiesen sind . Wir sind nicht alle derselben politischen Meinung, wissen aber, dass der Weg zur Lösung des Nahostproblems nur über offene Diskussionen führen kann. Der Zustand der Besatzung und der seit einem halben Jahrhundert existierende Status quo führen ins Desaster. Eine solche Tagung der intensiven Begegnung hätte eine seltene Gelegenheit zur Diskussion geboten. Bekanntlich ist das in Israel oder in Palästina wegen der politischen Umstände unmöglich.

    Die Begründung für die Absage der Tagung lässt vermuten, dass sich unsere deutschen Gastgeber an die Haltung der offiziellen israelischen Politik angepasst haben, die die Befürworter des Friedens für illegitim hält. Das betrübt und schockiert uns. Statt von Europa aus die Friedensbemühungen zu unterstützen, wird hier gegenüber den Hardlinern nachgegeben. Wir betrachten das nicht als einen Beitrag zum Frieden, sondern vielmehr als eine Fortsetzung der Konfliktlogik, die schon seit Jahrzehnten zu keinem Ergebnis führt.

    Dass eine deutsche evangelische Akademie in einem Land, dessen Verfassung die Meinungsfreiheit fest verankert hat, daran teilnimmt, die Meinungsfreiheit von Friedensbewegten aus dem Nahen Osten zu verletzen, bestürzt uns. Die israelische Besatzungspolitik zu kritisieren und das palästinensische Recht auf nationale Selbstbestimmung zu befürworten, ist nicht mit Antisemitismus gleichzusetzen und somit durch die Meinungsfreiheit geschützt.

    Die späte und plötzliche Stornierung der Tagung kann also aus sachlichen Gründen nicht gerechtfertigt werden. Wir bringen hiermit unsere Bestürzung zum Ausdruck und werden uns darum bemühen, die Diskussion um diese Entscheidung in die deutsche Öffentlichkeit hineinzutragen.  

    Mit freundlichen Grüßen


    gez. Moshe Zimmerman


    Diesen Brief, der ihnen in Englisch vorgelegen hat, unterzeichnen auch:

    Salim Altori, israelisch-beduinischer Wirtschaftswissenschaftler und Wirtschaftsberater, Rahat
    Bassam Aramin, palästinensischer Sprecher des „Parents Circle – Families Forum“, Ramallah
    Ali Abu Awwad, palästinensischer Aktivist und Pazifist, Mitbegründer der „Roots“, Beit Ummar
    Avraham Burg, Israelischer Autor und Politiker (1999 – 2003 Sprecher der Knesset), Nataf
    Robi Damelin, israelische Sprecherin des „Parents Circle – Families Forum“, Ramat Efal
    Mohammad Darawshe, Friedens- und Konfliktforscher, Director of Planning, Equality and Shared Society in Givat Haviva
    Lizzie Doron, Schriftstellerin, Tel Aviv, Israel
    Shaul Judelman, israelischer Siedler, Rabbiner, Lehrer und Friedensaktivist, Tekoa
    Sulaiman Khatib, palästinensischer Mitbegründer von „Combatants for Peace“, Ramallah
    Oren Yiftachel, Professor für politische Geographie, Stadtplanung und Politikwissenschaft an der Ben-Gurion-Universität des Negev, Beersheva
    Yehudit Yinhar, israelische Künstlerin und Berliner Repräsentantin von Combatants for Peace, Berlin
    Ziad Abu Zayyad, Rechtsanwalt, ehem. Mitglied der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mitherausgeber des “Palestine-Israel Journal”, Al-Eizariya


    Ich habe von Herrn Hahn folgende Antwort 03.05.2017 bekommen: 

    Sehr geehrter Herr Dr. Musa,

    vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich bitte um Nachsicht, dass ich mich erst heute bei Ihnen melde. Dies gleich vorweg: Ich verstehe Ihre Enttäuschung, dass eine Tagung nicht stattfindet, die bei Ihnen so große Erwartungen geweckt hat.

    Erlauben Sie mir bitte, dass ich zunächst wiederhole, was ich zum Thema bereits an anderer Stelle ausführte:

    „Die Evangelische Akademie Tutzing bietet einen Raum für den unvoreingenommenen Diskurs. Ihre Aufgabe ist es, die Suche nach Lösungen von Themen und Konflikten zu fördern. In Wahrnehmung dieses Auftrags hat sich die Akademie in ihrer 70-jährigen Geschichte zu einem geschätzten Ort entwickelt, von dem zahlreiche Impulse ausgegangen sind. Um Verständigung zu fördern, plante die Akademie – zusammen mit Kooperationspartnern – vom 12. bis 14. Mai die Tagung „Nahost im Spannungsdreieck. Israelisch-palästinensische Friedensgruppen als Lernorte für die deutsche Politik?“ durchzuführen. Wir haben uns jetzt entschieden, diese Tagung zu verschieben, da es uns nicht gelungen ist, alle für das Thema maßgeblichen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner in angemessener Zahl zu gewinnen. Wir werden das Thema zu gegebener Zeit wieder aufgreifen.“

    Tatsächlich kommt es immer mal wieder vor, dass wir Tagungen verschieben. Bei achtzig, neunzig Veranstaltungen pro Jahr aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Kultur, Medien, Theologie, Philosophie usw. ist das beinahe unvermeidlich. Die Qualitätssicherung unserer Arbeit ist hier unser Leitmotiv. Dabei kann es auch dazu kommen, dass wir – wie im konkreten Fall – am Ende zu einer anderen Auffassung kommen, als unsere Kooperationspartner. Die daraus entstehenden Fragen diskutieren wir auch in jedem anderen Fall intern. Und so bitte ich um Ihr Verständnis, dass ich auf die Fragen, die Sie mir stellen, hier nicht näher eingehen möchte.

    Generell wünsche ich mir in der aktuellen Debatte einen gemäßigteren Ton. Die Enttäuschung verstehe ich, aber es gibt keinen Grund, unser Haus neuerdings als Ort der Unfreiheit zu brandmarken. Wer unsere vielfältigen Veranstaltungsangebote kennt, weiß, was wir bieten. Aus dem Scheitern eines Vorhabens derartige Schlüsse zu ziehen, halte ich nicht nur für unangemessen – ich weise sie auch entschieden zurück.

    Vielmehr halte ich es für zwingend, dass wir uns gemeinsam um Verständigung bemühen. Wie ich aus dem aktuellen Anlass lerne, ist genau dies besonders schwer. Dass es uns nicht gelungen ist, die Vermittlerrolle so auszuüben, dass sich alle eingeladen und wertgeschätzt fühlen, schmerzt mich persönlich sehr. Zugleich hoffe ich, dass mit gemeinsamen Bemühungen wahr wird, was der Volksmund so reimt: aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

    Mit freundlichen Grüßen
    Udo Hahn


    Udo HahnAkademiedirektor


    Am 05.05.2017 habe ich erwidert:


    Sehr geehrter Herr Hahn,

    vielen Dank für Ihre Antwort.

    Dass Sie die Tagung mit der Begründung, „es sei nicht gelungen, alle für das Thema maßgeblichen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner in angemessener Zahl zu gewinnen", verschoben haben, wie sie schreiben, ist schwer nachvollziehbar. Denn die geladenen Referentinnen und Referenten sind alle ausnahmslos auf internationalem Terrain namhaft und mit makellosem Leumund, darunter  die Professoren Zuckermann und Zimmermann, Ziad Abu Zayyad, Avraham Burg, Lizzie Doron, Sulaiman Khatib, Bassam Aramin, Robi Damelin; Yehudit Yinhar, Salim Altori, Prof. Oren Yiftachel u.v.a.m. So eine hochrangige  Zusammenstellung werden Sie m. E. nicht mehr hinbekommen.

    Die Vermutung liegt nahe, dass Druck von außen die Ursache ist, so dass sich die deutschen Gastgeber soweit an die Haltung der offiziellen israelischen Politik angepasst haben.

    Ihre Beschwichtigung: „Wir werden das Thema zu gegebener Zeit wieder aufgreifen“, lässt erahnen, dass die Verschiebung auf den Sankt Nimmerleinstag gelandet ist. Denn, in diesem Jahr, soweit ich erfahren konnte, gibt es keine Termine mehr.

    Mit dieser Haltung hat die hoch gehaltene Meinungsfreiheit von der Akademie   großen Schaden erlitten.

    Wenn Sie schreiben: „Generell wünsche ich mir in der aktuellen Debatte einen gemäßigteren Ton. Die Enttäuschung verstehe ich, aber es gibt keinen Grund, unser Haus neuerdings als Ort der Unfreiheit zu brandmarken. Wer unsere vielfältigen Veranstaltungsangebote kennt, weiß, was wir bieten. Aus dem Scheitern eines Vorhabens derartige Schlüsse zu ziehen, halte ich nicht nur für unangemessen – ich weise sie auch entschieden zurück“, diesen verallgemeinerten Vorwurf lasse ich nicht auf mir sitzen und weise ihn entschieden zurück. Ich habe den Eindruck, Sie haben mein Schreiben nicht richtig gelesen. Ich erlaube mir zu empfehlen, meine Zeilen noch einmal genau zu lesen. Aber wenn Sie ein Standardschreiben mit diesem Satz verfasst haben, den Sie an jeden Protestierer schicken, kann ich dieses Vorgehen, mit Verlaub, nur als Armutszeugnis betrachten. Ich habe versucht, eine Tür offen zu lassen, aber Sie haben sie ohne Bedenken zugeschlagen.

    In diesem Zusammenhang möchte ich auf Eklats während mancher Tagungen hinweisen. Dr. Jochen Wagner war auch zu Zeiten Dr. Greiners ein Mitarbeiter der Akademie. Wie es den Teilnehmern erschien, war er der israelischen Besatzungspolitik bestens angepasst. Den Ruf von zionistischen Tagungsteilnehmern folgend, kontrollierte er ausgelegte Informationen und Bücher auf ihren israelkritischen Inhalt und sorgte damit für Eklats und Kontroversen. Der Leiter der Akademie Dr. Greiner hielte ihn stets im Rahmen und ließ souverän die Meinungsfreiheit für alle gleichermaßen gelten. Dr. Wagner ist immer noch ein Mitarbeiter der Ev. Akademie.

    Ich wünsche der Akademie ein Zurück zu alten Zeiten. 

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Izzeddin Musa


    Hier ein Link in gleicher Sache:
      
     

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