Mittwoch, 28. Juli 2021

Dr. Norbert Rötgen - Meine Mail an ihm betr. Syrien

 

Militäreinsatz in Syrien ohne UN-Mandat

Von: Izzeddin Musa                            02.12.2015 um 20:16 Uhr

 

Sehr geehrter Herr  Dr. Norbert Röttgen,


nach dem Willen der Bundesregierung sollen sich deutsche Streitkräfte am militärischen Vorgehen gegen den sog. "Islamischen Staat" beteiligen - unter anderem mit "Tornado"-Flugzeugen und einer Fregatte der Bundesmarine. Der Bundestag wird am Freitag darüber entscheiden, ob er einem solchen Einsatz zustimmt. Es liegt daher auch in Ihrer Hand als Abgeordneter, ob ein entsprechendes Mandat erteilt wird. Ich bitte Sie dringend, einem solchen Mandat nicht zuzustimmen.

Verstoß gegen das Völkerrecht

Ein Einsatz der Bundeswehr im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ wäre ein Verstoß gegen das Völkerrecht. Bisher hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen keine eindeutige Erlaubnis erteilt, die einen solchen Einsatz legitimieren würde. Auch die Berufung auf den Artikel 42 des EU-Vertrages, in dem einem Mitgliedstaat für den Fall eines Angriffes Beistand zugesagt wird, reicht zur Legitimation nicht aus. Schon gar nicht ersetzt sie ein Mandat des UN-Sicherheitsrates. Denn EU-Recht kann keinesfalls höher stehen als das Völkerrecht.

Die Regierung und andere politische Kräfte verbreiten derzeit den Eindruck, dass es sich bei dem geplanten Einsatz um eine Art „Militäraktion light“ handelt. Es gehe „nur“ um Aufklärung, heißt es. Dieser Eindruck ist falsch: Die Bundeswehr würde faktisch am Krieg beteiligt. Die „Tornados“, das für den Einsatz vorgesehene Satellitensystem „SAR-Lupe“ und die Radaranlagen der Fregatte dienen der Lageaufklärung. Sie liefern damit Daten für die Zielerfassung. Diese Daten würden weitere Bomben- und Raketenangriffe der Koalition gegen den IS ermöglichen.

Krieg löst die Probleme nicht


Die Probleme im Nahen und Mittleren Osten werden durch militärische Gewalt nicht gelöst, sondern verschlimmert. Das zeigt die jüngste Geschichte: Die Militärinterventionen in Afghanistan, im Irak und in Libyen z. B. haben nicht wie versprochen zur Stabilisierung dieser Länder, sondern zu mehr Chaos, Zerstörung und unzählige Tote geführt. Der von den USA ausgerufene „Krieg gegen den Terror“ hat nicht einen Niedergang terroristischer Aktionen, sondern im Gegenteil deren Ausweitung bewirkt. Die Geburt von Daesh (sog. IS) vollzog sich in Irak, als Folge des Krieges (ohne UN-Mandat) im Jahre 2003. 
 

Wenn die Luftangriffe auf die Kämpfer des „Islamischen Staates“ intensiviert werden, bedeutet das auch den Tod von vielen unbeteiligten Zivilisten. Und diese Angriffe werden den IS in seiner Argumentation stärken, er sei eine Widerstandsbewegung gegen westliche Aggression. 

Dem IS die Basis entziehen

Wer den IS effektiv bekämpfen will, dem stellt sich die Frage, warum diese zweifellos terroristische Organisation soviel Unterstützung genießt. Die Antwort liegt in der miserablen Lebenssituation von Millionen Menschen im Nahen und Mittleren Osten. Der IS verspricht ihnen nicht nur eine „ideologische Heimat“, sondern ganz konkret eine wirtschaftliche Perspektive. 


Darüber hinaus gilt es, dem „Islamischen Staat“ die ökonomische Basis zu entziehen. Dies bedeutet, den schwunghaften Handel von Öl, Phosphat, Altertümer, Lebensmitteln und Waffen zu unterbinden, den der IS z. B. mit der Türkei betreibt. Geldströme aus dem Ausland (Saudi Arabien, Katar), die in IS-Gebiete fließen, sind zu kappen, IS-Rekrutierungsbüros zu schließen. Die Söldner der sog. IS kommen aus 80 Ländern, viele davon sind aus europäischen Ländern, auch aus den USA.


Für die Konflikte in Syrien und dem Irak kann es keine militärische, sondern nur eine politische Lösung geben. Fünf Jahre Krieg gegen Syrien bestätigen das.


Mit freundlichen Grüßen

Dr. Izzeddin Musa

Am Bonner Graben 19

53343 Wachtberg

 

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